Schwimmen, Triathlon, Kampfsport - immer mehr Senioren halten sich mit Bewegung jung. Davon profitieren auch die Sportvereine.

Bargteheide. Es ist 9.30 Uhr an diesem Morgen. Noch ist der Himmel etwas bewölkt. Ab und zu blitzen Sonnenstrahlen durch die Wolken. Helga Kasten steht in einem blau-lilafarbenen Badeanzug am Beckenrand des Schwimmerbeckens im Freizeitbad Bargteheide. Sie hält den großen Zeh des rechten Fußes ins Wasser und sagt: "Naja, ich bin Kälteres gewöhnt." Dann zieht sie sich ihre blaue Badehaube über die Haare. Eine rosa Schwimmbrille macht das Outfit komplett. "Nun kann es los gehen", sagt Helga Kasten.

Ganz entspannt und ohne eine Miene zu verziehen steigt sie die Leiter hinunter in das Becken. "23 Grad warm ist das Wasser", sagt sie. Dann beginnt sie, sich langsam einzuschwimmen. Mal auf dem Rücken, mal krault sie, ab und zu schwimmt sie Brust. "Das mache ich fast jeden Tag", erzählt sie.

Helga Kasten ist 74 Jahre alt. Sie ist Seniorin. Eine fitte Seniorin. 1500 Meter schwimmt die Rentnerin in der Regel. "Eine Bahn ist 50 Meter lang. Ich kraule 400 Meter, dann mache ich 200 Meter Rückenschwimmen und 200 Meter Brustschwimmen. Sonst verliere ich den Überblick", sagt sie. Helga Kasten und ihr Ehemann Wolfgang Kasten sind Mitglieder in der Seniorenschwimmgruppe des Ahrensburger TSV. "Mein Mann ist 76 Jahre alt. Es ist schön, dass wir ein gemeinsames Hobby haben", sagt sie. Im Winter treffe sich die Gruppe einmal in der Woche im Badlantic in Ahrensburg. "Im Sommer fahren wir lieber nach Bargteheide ins Freibad", sagt die pensionierte Sekretärin.

Etwa 30 Mitglieder hat die Schwimmgruppe. "Einige sind sogar schon über 80", sagt Helga Kasten. Zusammen mit Angelika und Jens Bot trifft sie sich gern, um Sport zu machen. "Angefangen mit dem Schwimmen habe ich schon in meiner Jugend. Damals war es ein Stressausgleich. Heute ist es einfach Spaß", sagt Jens Bot, 71. Und noch einen Grund hat es, weswegen die Senioren so viel Sport machen. "Wir wollen uns fit halten. Das ist wichtig im Alter. Man wird immer anfälliger für Krankheiten", sagt Helga Kasten. Die Zahl der über 60-Jährigen, die einem der Stormarner Sportvereine angehören, hat sich seit 1997 auf über 10.000 mehr als verdoppelt.

Eine von ihnen ist auch Irma Mölck. Einmal in der Woche zur Seniorengymnastik zu gehen, wäre für sie viel zu langweilig. Sie ist 72 Jahre alt. Wer an eine alte Dame denkt, die sich mit einer Gehhilfe fortbewegt und ein Hörgerät trägt, liegt komplett falsch. Irma Mölck ist schlank und fit. Sie geht genauso aufrecht und schnell wie ein Teenager und versteht jedes Wort. Sie trägt eine moderne Kurzhaarfrisur, Mascara und Lidstrich. Und sie hat ein außergewöhnliches Hobby.

"Jiu-Jitsu ist mein Lieblingssport. Zweimal in der Woche trainiere ich für eineinhalb Stunden", sagt sie. Die Rentnerin steht barfuß auf einer blauen Matte in der Turnhalle des Oststeinbeker SV. Sie trägt einen weißen Gi, einen Jiu-Jitsu-Anzug. Er besteht aus einer an der Hüfte geschnürten Hose und einer Jacke aus Baumwolle. Zusammengehalten wird die Jacke mit einem Gürtel. Irma Mölck trägt einen schwarzen Gürtel. "Es gibt sechs farbige Gürtel. Sogenannte Schülergrade. Danach kann man den schwarzen Gürtel, den Meistergrad, machen", sagt sie.

"Ich brauche einfach Ausgleich und etwas, das Körper und Geist beansprucht", sagt Mölck. Früher sei die ehemalige Sekretärin regelmäßig gejoggt. Als sie eines Nachmittags von einem Mann mit einer Waffe bedroht wurde, beschloss sie, eine Selbstverteidigungs-Sportart zu erlernen. Irma Mölck ist keine Seniorin, die Langeweile hat. In der Helmut-Landt-Grundschule in Oststeinbek nimmt sie den Schülern regelmäßig das Deutsche Sportabzeichen ab. " Es ist wichtig, dass junge Menschen sich mehr bewegen und nicht nur vor dem Computer sitzen. Viel zu wenige treiben regelmäßig Sport", sagt sie.

Angst, sich beim Jiu-Jitsu zu verletzen, hat die Rentnerin nicht. "Ich hatte zwar schon einen Bandscheibenvorfall und habe auch ein künstliches Knie, aber das hindert mich keineswegs daran, regelmäßig Sport zu treiben."

Ein Leben ohne Bewegung ist auch für Fritz Dieterich undenkbar. Er steht in einem rot-schwarzen Fahrradanzug, Helm und Sonnenbrille vor seinem Rennrad und begutachtet es. "Alles okay", sagt er. Dieterich nimmt seine mit Wasser gefüllte Trinkflasche und steckt sie in die Halterung hinter dem Sattel. Dann zieht er sich seine Schuhe an. "Mit der Klickvorrichtung an der Sohle kann ich mich in die Pedale einhaken", sagt er. "Dann kann man viel schneller und sicherer fahren."

Der 65 Jahre alte Internist kommt aus Bad Oldesloe. Dort betreibt er eine eigene Praxis. In Rente gehen? Das kommt für den Arzt nicht infrage. "Ich brauche etwas zu tun. Ich hasse Langeweile", sagt er. So oft es geht, mache er Sport. "Ich jogge und fahre Fahrrad", sagt Dieterich. Er ist schon viele Marathons mitgelaufen. "Für 42 Kilometer Laufen habe ich zuletzt 3:35,0 Stunden gebraucht", sagt er.

Vor kurzem wurde er in seiner Altersklasse Landesmeister im Triathlon über die olympische Distanz. Dieterich: "Das bedeutet eineinhalb Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und zehn Kilometer Laufen. Mein erster Triathlon war vor 20 Jahren."

"Schon durch meinen Beruf weiß ich, dass es wichtig ist, sich fit zu halten. Aber ich mache das auch, um den Kopf frei zu kriegen", sagt Dieterich. Während des Studiums fing er mit dem Joggen an. "Damals bin ich nur Strecken über acht oder neun Kilometer gelaufen", sagt er. Irgendwann habe er eine Steigerung gesucht. Durch Zufall sei er auch zum Radfahren gekommen. "Wir kauften uns im Freundeskreis ein Rennrad und irgendwie bin ich an dem Sport hängen geblieben", sagt Dieterich. Doch jeden Tag in der Woche zu trainieren, darauf habe er keine Lust. Für ihn zähle nur der Spaß. "Mit Leistungsdruck kann ich nichts anfangen. Ich trainiere dann, wenn ich Zeit dafür habe."