Anja Sälinger gewinnt beim Reitturnier des RV Oststeinbek-Havighorst mit ihrer achtjährigen Stute den Wettbewerb der Klasse M*.

Oststeinbek. "Waicucci hat einen ganz besonderen Stellenwert in meinem Leben", sagt Anja Sälinger. Der strahlende Glanz ihrer Augen spiegelt ein hohes Maß an Leidenschaft wider, das die 50-Jährige ihrer acht Jahre alten Hannoveraner-Stute entgegenbringt. "Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch. Waicucci lehrt mich, geduldig zu sein", sagt die Dressurreiterin vom RV Oststeinbek-Havighorst, dabei streichelt sie liebevoll den Kopf ihres Pferdes. "Nur mit Geduld lässt sich eine größtmögliche Harmonie zwischen Pferd und Reiter erreichen."

Ross und Reiterin sind zu einem Team zusammengewachsen. Die Erfolgsbilanz ihrer selbst ausgebildeten Stute kann sich sehen lassen: 60 Platzierungen in Dressurprüfungen der Klasse A bis M, davon 20 erste Plätze. Ein weiterer gelang beiden erst kürzlich beim Spring- und Dressurturnier des RV Oststeinbek-Havighorst auf der Reitanlage Henry Schloh: Sälinger gewann mit Waicucci die Dressurreiterprüfung der Klasse M*.

Die Wettkampfrichter belohnten ihre Darbietung mit der Wertnote 7,40. Stefanie Hilger vom Pferdesport Granderheide belegte mit Lagoni den zweiten Rang (7,10) - vor Britta Wassermann (RFV Wedel, 7,00) mit Don Geronimo, die Dritte wurde.

Sälinger ist dem Reitsport seit mehr als 40 Jahren eng verbunden. Es gab eine unfreiwillige Unterbrechung: 2007 verstarb überraschend ihr Ehemann. Ein halbes Jahr zuvor hatten beide mit der Übernahme einer Textil-Reinigung den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt, Sälinger im Zuge dessen ihren Job bei der Hamburger Sparkasse gekündigt. Zu allem Überfluss brannte das Geschäftsgebäude, in dem die Reinigung ihren Sitz hatte, bis auf die Grundmauern nieder. Die 50-Jährige stand vor einem Scherbenhaufen - privat wie finanziell.

Auf finanziellen Gründen trennte sie sich schweren Herzens von ihrem Pferd. "Es gibt immer ein Licht am Ende eines Tunnels. Nur sagt dir keiner, wie lang der Tunnel ist", so Sälinger, die sich selbst als "ein lebensbejahender Mensch" beschreiben würde. Dann die Wende: Ihr Sparkassenchef unterbreitete ihr den Vorschlag, die Kündigung mit sofortiger Wirkung zurückzunehmen. Einige Monate später: Rolf-Eberhard Kurze trat in ihr Leben und ebnete den Weg zurück zum Reitsport.

Was noch fehlte, war ein eigenes Pferd. Sälinger wurde auf die Stute Waicucci aufmerksam.

"Schon beim ersten Aufeinandertreffen funkte es gewaltig zwischen uns", so die 50-Jährige. Kurze, Träger des sechsten Dan im Judo, wurde zu Sälingers Lebensgefährte. Beide vereint ein weiteres Hobby: die Papageienzucht. "16 Papageien leben in Volieren in unserem Garten", sagt die 50-Jährige, die Graupapagei Caprice das Sprechen, besser gesagt das Singen, beibrachte - "My baby balla balla", ein Hit aus dem Jahr 1965 der deutschen Beatband Rainbows.

Ihr sportliches Ziel für dieses Jahr hat die Oststeinbeker Reiterin festgelegt: "Ich werde bei den Kreismeisterschaften Mitte August in Rausdorf in der M-Dressurprüfung starten und hoffentlich dieses Jahr erstmals bei einer S-Dressur dabei sein", sagt Anja Sälinger, die im Oktober des vergangenen Jahres in die zweijährige Ausbildung zur Dressur- und Springreiterrichterin einstieg.

Neben der Dressurreiterprüfung M* zählte die Dressurprüfung der Klasse M* zu den sportlichen Höhepunkten des Oststeinbeker Reitturniers. Antonia Trepkau (Lübecker RV) mit Filominta siegte mit der Wertnote 7,70 vor Stefanie Hilger mit Lagoni (7,50) und Angelika Grest (RFV Zarpen) mit Rose en bleu (7,30). Die Organisatoren sind rundum zufrieden. "Wir hatten in 21 Prüfungen mehr als 520 Starts", sagt Turnierleiterin Bärbel Rutkowski.

Rund 50 Helfer sorgten zwischen Springparcours und Dressurviereck für einen reibungslosen Ablauf. Zehn Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Havighorst hatten das Sagen auf den Parkplätzen. "Unser Arzt Rudolf Becker erlebte ein ruhiges Wochenende", sagt Mitorganisator Uwe Conrad. Becker, Gründungs- und Ehrenmitglied des Oststeinbeker Reitvereins, reiste wie seit Jahren aus dem knapp 630 Kilometer entfernten Heimatort Kandel (Rheinland-Pfalz) an, um alten Weggenossen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Perfektes Krisenmanagement bewies die Meldestelle: Aufgrund eines einstündigen Stromausfalls verlegten die Damen ihren Arbeitsplatz kurzerhand an die frische Luft - dort versorgte ein zweiter Stromkreis ihre Datenerfassung wieder mit ausreichend Energie.