Torwart Fabian Lucassen verpasste den Sprung zum Fußballprofi knapp. Mit dem SV Eichede will der 25-Jährige in die Regionalliga aufsteigen

Steinburg. Seit Fabian Lucassen vor sechseinhalb Jahren aus der A-Jugend in die zweite Mannschaft des Hamburger SV aufrückte, bekam er fast jeden Sommer einen Anruf aus Steinburg. 2013 nahm der SV Eichede erstmals schon im Januar Kontakt zu dem 25-jährigen Torhüter, inzwischen in Diensten des SC Victoria Hamburg, auf - und lag damit goldrichtig. "Das Angebot kam zum richtigen Zeitpunkt. Ich musste gar nicht erst überlegen", sagt der Neuzugang der Schleswig-Holstein-Liga-Fußballer.

Bislang war es stets die ambitionierte Karriereplanung Lucassens gewesen, die seine Rückkehr nach Stormarn verhinderte. Beim TSV Trittau und beim SSC Hagen Ahrensburg groß geworden, schloss er sich der U 17 des HSV an, um im Alter von 20 Jahren für die zweite Herrenmannschaft der "Rothosen" erstmals in der Regionalliga Nord aufzulaufen. Lange war es Lucassens großes Ziel, Profi zu werden. Für die deutsche U-19-Nationalmannschaft bestritt er an der Seite von Jerome Boateng und Dennis Aogo fünf Länderspiele. Er war bereit, alles dem Fußball unterzuordnen. Inzwischen haben sich die Prioritäten geändert.

"Es wäre schön, irgendwann noch einmal in der Dritten Liga zu spielen. Aber ich warte nicht mehr darauf", sagt Lucassen. Sein Leben verläuft auch ohne den Leistungssport in geordneten Bahnen. Seit anderthalb Jahren ist er erfolgreich als selbstständiger Vermögensberater tätig. Mit seiner Freundin Jana wohnt er seit vergangenem September auf 120 Quadratmetern in Braak. Er wuchs bei seinen Eltern in Hamfelde auf und besuchte in Trittau die Realschule, ehe er das Fachabitur absolvierte und nach Hannover zog. Nun hat er es sich wieder im Kreis Stormarn bequem gemacht.

Gab es einen entscheidenden Moment, der die Profikarriere des Torwarttalents Lucassen verhinderte? "Es war ein großer Fehler von mir, den FC St. Pauli II zu verlassen", sagt er. Mittelfristig hätten sich dort wohl Chancen auf Einsätze in der zweiten Bundesliga ergeben. Zu ungeduldig sei er damals gewesen. Er wechselte 2008 zum SV Wilhelmshaven, wo er zwar 20 Partien in der Regionalliga absolvierte, aber auch "chaotische Verhältnisse" vorfand. Vom Jadebusen ging er zum TSV Havelse und von dort zum SC Victoria. Insgesamt brachte er es auf 79 Einsätze in der vierthöchsten Spielklasse.

Lucassens größter sportlicher Moment war ein Freundschaftsspiel. 2006 residierte die deutsche Nationalmannschaft in Hamburg, bereitete sich abgeschottet von den Augen der Öffentlichkeit auf die Weltmeisterschaft im eigenen Land vor. Kurzfristig wurde ein Spiel gegen die A-Jugend des HSV vereinbart. Lucassen durfte eine Halbzeit lang gegen die besten Fußballer des Landes antreten und hielt seinen Kasten 45 Minuten lang sauber - bis zur Nachspielzeit. Die Szene, die ihm zahlreiche Wetten versaute, schildert er so: "Bastian Schweinsteiger rutschte bei einem Flankenversuch der Ball vom Fuß ab und segelte ins Tor."

Trainer Oliver Zapel schätzt seinen neuen Torhüter auf mehreren Ebenen. "Er kann mit seiner positiven Art die Gier auf den Regionalligaaufstieg ausstrahlen", sagt er. Seine sportliche Qualität habe er ausreichend unter Beweis gestellt. "Aber", so Zapel, "es steht ein Fragezeichen hinter seiner körperlichen Verfassung." Des strengen Trainers Ankündigung fällt gewohnt kernig aus: "Er wird mich kennen lernen müssen." Dass sein neuer Coach als harter Hund gelte, habe er schon gehört, erzählt Lucassen. "Ich bin gespannt auf das Trainingsprogramm. Dass ich ein paar Kilo zu viel drauf habe, streite ich auch nicht ab." Oliver Zapel erwartet innerhalb der nächsten sechs Wochen bei Lucassen eine Gewichtsabnahme von sieben Kilo.

Offiziell schickt Zapel seinen Neuzugang in einen Dreikampf mit Fynn Berndt und Tom Pöhls. Stellt der Trainer Lucassen zum Jahresauftakt beim TuS Hartenholm (Sonntag, 17. Februar) nicht auf, wäre das nicht die erste Überraschung der Saison im Eicheder Gehäuse - aber die bislang größte. Der Club hat Lucassen nicht vom Stammplatz eines Regionalligisten geholt, um ihn in der Schleswig-Holstein-Liga auf die Bank zu setzen.

Vier unterschiedliche Torhüter kamen in dieser Saison beim SV Eichede zum Einsatz: Marcel Braun (ein Einsatz), Markus Venz (4), Fynn Berndt (6) und Tom Pöhls (8). Ausgerechnet Lucassen, der nie länger als zwei Jahre bei einem Verein blieb, könnte das Wechselspiel beenden. Das Wechselspiel im Tor des SV Eichede und das in seiner Transferhistorie. Der Erste Vereinsvorsitzende Olaf Gehrken drückt es so aus: "Die Verpflichtung ist mit der Hoffnung verbunden, dass Fabian Lucassen auch seine sportliche Heimat langfristig bei uns in Stormarn findet."