Trainer Oliver Zapel schreibt individuelle Trainingspläne und Halbjahreszeugnisse für seine Fußballer. Der Außenverteidiger schneidet am besten ab.

Steinburg. Um sechs Uhr morgens verließen die letzten Fußballer das Vereinsheim. Sie hatten die Ausnahmeregelung bei der Weihnachtsfeier des SV Eichede - es durfte ausgiebig gegessen und getrunken werden - voll ausgeschöpft. Nach dem Fest ist zwar vor dem Fest, aber die von Trainer Oliver Zapel ausgesprochenen strikten Ernährungsauflagen gelten ab sofort.

Während seine Mannschaftskameraden feierten, hütete Nico Fischer mit einer Magen-Darm-Erkrankung das Bett. Dabei hätte es der links wie rechts einsetzbare Außenverteidiger des Schleswig-Holstein-Ligaklubs redlich verdient gehabt, zu feiern. Er ist eine der positiven Überraschungen der laufenden Spielzeit, vollzog einen erheblichen Leistungssprung. Als einziger Spieler des SVE stand er bei allen 19 Ligapartien 90 Minuten auf dem Platz.

Bis vor einem Jahr wohnte der 23-Jährige bei seinen Eltern in Bad Oldesloe, wo er auf der Gesamtschule sein Abitur (Durchschnittsnote 2,3) machte. Inzwischen lebt er in Hamburg-Hohenfelde. Der Student der Rechtswissenschaften (Schwerpunkt Kriminologie) will im kommenden Jahr das erste Staatsexamen ablegen.

Sportlich präsentierte sich "Fischi" bislang weniger sesshaft. Mehrfach wechselte er zwischen Steinburg und dem VfB Lübeck hin und her. Kann sein jetziger Verein seinem ehemaligen den Rang ablaufen? "Wenn uns der Aufstieg in die Regionalliga gelingt, haben wir das Potenzial dazu", sagt er. Seine Zukunft sieht er in jedem Fall in der vierthöchsten Spielklasse. Die Einstellung bringt er dafür mit, Zapel schätzt ihn besonders für seine "Topmotivation".

Viele wesentlich spielbeeinflussende Szenen attestierte Zapel seinem Schützling in dessen Halbjahreszeugnis. Der Coach schrieb jedem Spieler in bester (Fußball-)Lehrermanier eine Bewertung. Die Zeugnisse enthielten neben positiver wie negativer Kritik Arbeitsanweisungen für die kommenden zwei Wochen sowie Statistiken. Nicht alle kamen dabei so gut weg wie Fischer, der acht von zehn möglichen Punkten holte. Zapel benutzte an anderer Stelle nicht nur bei Schulkindern gefürchtete Formulierungen wie "stets bemüht" und machte auch körperliche Defizite aus: "Einige haben unter dem Trikot etwas, was da nicht hingehört. Die Spieler dürfen die Weihnachtsgans angucken, an ihr schnuppern und drumherumtanzen." Mehr nicht. Für Fischer kein Problem: Heiligabend wird in der Familie traditionell Raclette gegessen und "da kommen selbstverständlich ernährungstechnisch nur einwandfreie Dinge in die Pfanne", versichert er.

Nico Fischer legt nicht nur eine tadellose Einstellung an den Tag, er macht auch spielerisch beständig Fortschritte. Dennoch muss er in der Vorwärtsbewegung noch zwingender agieren. Sein einziges Saisontor erzielte er am dritten Spieltag gegen den Heikendorfer SV. "Ich weiß nicht, was mich da geritten hat", scherzt er. Im Stile eines routinierten Stürmers hatte er seinen Gegenspieler mit einer Körpertäuschung aussteigen lassen und platziert ins lange Eck abgeschlossen.