Der Bargteheider Trainer Ararat Bagli gewinnt in Portugal den WM-Titel. Sein Schützling Eduard Fink wird in Buxtehude zweifacher norddeutscher Meister

Bargteheide. Wenn Ararat Bagli von alten Freunden oder Bekannten spricht, verfällt er in eine leichte Melancholie. "Einige Menschen, mit denen ich früher meine Freizeit verbracht habe, sind auf der Straße gelandet. Andere haben die Schule oder die Lehre abgebrochen und nichts aus ihrem Leben gemacht", sagt der 33-Jährige.

Der gelernte Industriemechaniker entschied sich schon früh für einen anderen Weg: Er legte die Spielekonsole beiseite und verschrieb sich dem Kung Fu. Seit sieben Jahren leitet er in Bargteheide ein Kampfsportschule. Dort unterrichtet er Wun-Hop-Kuen-Do (WHKD), einen weltweit verbreiteten Stil des modernen Kung Fu. "Der Hawaiianer Al Dacascos hat diese Kunst des kombinierten Waffen- und Faustkampfstils Ende der 1960er-Jahre entwickelt", sagt der in Hamburg lebende Bagli, der seinem großen Vorbild nicht nur in Bezug auf die stetige Verfeinerung seiner Kampfkünste nacheifert, sondern auch die damit verbundenen Werte wie Ehre, Loyalität, Fleiß und Disziplin vorlebt.

Nach 23 Jahren, in denen Bagli seine ganze Kraft und Konzentration dieser asiatischen Kampfkunst opferte, krönte der Träger des dritten Dan (Meistergrad) seine sportliche Laufbahn mit einem großen Titel: Im portugiesischen Torres Novas wurde er Weltmeister im Kung Fu bei den Waffenformen, einem Kampf gegen einen imaginären Gegner. "Meine Waffe ist der Quan-Do, eine Stich-, Hieb- und Schnittwaffe, vergleichbar mit einem Säbel", erklärt Bagli, auf dessen Kampfanzug aus Respekt vor der Herkunft seiner Eltern die Armenische Flagge zu sehen ist.

Rund eine Autostunde von Lissabon entfernt maßen sich an drei Tagen gut 3500 Teilnehmer von morgens um 8 Uhr an bis nach Mitternacht in verschiedenen Kampfkunst-Disziplinen. Auch in der Klasse Pointfighting stand Bagli am Ende des Tages als stolzer Silbermedaillengewinner auf dem Siegespodest. "Dieser Wettkampf lässt sich am besten mit dem Fechtsport vergleichen. Wer zuerst den Treffer setzt, bekommt den Punkt zugeschrieben", sagt der Weltmeister.

Baglis armenischstämmige Eltern waren 1969 aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Sein Vater arbeitete als Dreher bei Blohm & Voss. Er hätte es am liebsten gesehen, dass sein Sohn einem Fußballverein beigetreten wäre. "Daraus wurde nichts, denn ich habe leider zwei linke Füße", sagt Bagli, dessen Interesse schon damals eindeutig dem Kampfsport galt.

Als Zehnjähriger sah er jeden Film mit Jackie Chan oder Bruce Lee, drückte immer und immer wieder die Rückspultaste seines Videorekorders, um sich die spannendsten Kampfszenen noch einmal anzuschauen. Ein guter Freund der Familie erbarmte sich und begleitete den jungen Ararat zu einer Kung-Fu-Schule in Hamburg-Barmbek - der Anfang einer großen Karriere. "Leider haben die vielen späteren Low-Budget-Filme das Image des Kung Fu völlig verdorben", sagt Bagli, der gemäß der Tradition als Kung-Fu-Lehrer den Titel Sihing führt, was gleichbedeutend mit 'Bruder-Lehrer' ist. Ihm übergeordnet ist der Sifu, der sogenannte 'väterliche Meister'. Ein Titel, der von Seiten des Verbandes verliehen wird.

Wenn der 33-Jährige abschalten und einfach die Seele baumeln lassen möchte, greift er zu seiner Angelrute und begibt sich zu einem der vielen Seen in der Umgebung.

"Angeln ist meine zweite große Leidenschaft. Dabei kann ich total abschalten und in aller Ruhe nachdenken. Mir fallen dann häufig Dinge ein, die ich in der nächsten Trainingseinheit einbauen oder umsetzen kann", sagt Bagli, dessen fünf Jahre alte Zwillingskinder Mirijan und Meriana ebenfalls einmal pro Woche am Training in Bargteheide teilnehmen.

"Kinder sind unsere Zukunft. Das Kung-Fu-Training ist sehr gut für die Kleinen, denn sie lernen nicht nur Disziplin und innere Werte, sondern auch ihren Körper kennen, stärken ihren Bewegungsapparat und verbessern ihre Motorik", so Bagli. "Wir bieten zudem einige Kurse an, in denen Eltern mit ihren Kindern gemeinsam trainieren können."

Der 33-Jährige ist ein echter Weltenbummler in Sachen Kampfsport. So war er 2007 in China, weil dort in der Fernsehsendung Arts of our land der "europäische Nichtchinese" gesucht wurde. "Das ist eine Art Castingshow, in der Europäer sich in verschiedensten, möglichst traditionellen asiatischen Künsten versuchen müssen", erklärt Bagli.

Weil sich der Meister und seine Schützlinge in der Bargteheider Kampfschule stets auf eine jahrhundertealte Art begrüßen, indem sie nacheinander die Hände übereinander legen, begann er seine Showeinlage mit dem gleichen Ritual - und zog damit die Aufmerksamkeit der Jurymitglieder auf sich. Bagli: "Ein in der Jury sitzender hoch dekorierter General kam auf uns zu und sprach uns seine Bewunderung aus, vermutlich auch ein Grund, warum wir letztendlich das Casting gewannen."

Einer, der dem 33 Jahre alten Sihing viel zu verdanken hat, ist der Ahrensburger Eduard Fink. Der 22-Jährige gewann kürzlich in Buxtehude sowohl in der Waffenform als auch in der Handform den norddeutschen Meistertitel. "Ich habe hart dafür trainiert, weiß aber auch, dass ein wenig Glück dazu gehört", sagt Fink, der in Hamburg im dritten Semester Betriebswirtschaft studiert und eine Kindergruppe in der Bargteheider Sportstätte leitet.

Immer wenn Fink von seinem Sihing Bagli spricht, geschieht dies in einem hochachtungs- und respektvollen Ton. "Der Kung-Fu-Sport hat mich positiv verändert", sagt der Ahrensburger. "Ich bin viel selbstbewusster geworden und habe gelernt, meine Mitmenschen erst einmal anzuhören, bevor ich mir eine Meinung bilde."