Die 18-jährige Miriam Butkereit vom TSV Glinde gewinnt die Bronzemedaille bei Judoturnier in Südkorea. Klima und Essen bereiteten ihr Probleme.

Glinde. Meist ist es ein ganz bestimmtes Erfolgserlebnis, das die Karriere eines Sportlers antreibt, eher selten sind es ernüchternde Niederlagen oder Rückschläge. Nur wer das entsprechende Kämpferherz hat, steht wieder auf und greift neu an. Miriam Butkereit war bereits im Alter von neun Jahren jemand, die nie aufgab. "Bei meinem ersten großen Judoturnier, es waren die Bezirksmeisterschaften, habe ich seinerzeit einen Kampf nach dem anderen verloren, richtig was auf die Mütze bekommen", erinnert sich die 18 Jahre alte Judoka vom TSV Glinde.

Aber genau dann, wenn andere ihren Kopf in den Sand stecken und ans Aufhören denken, fängt bei ihr der Ehrgeiz erst richtig an. "Natürlich war ich damals geknickt, aber ich habe durch die Niederlagen erst richtig Biss bekommen und wollte es allen zeigen", sagt die Glinderin. Sie ließ ihren Worten einige Jahre später auch Taten folgen: 2010 gewann sie die Deutsche Meisterschaft U 17, gleichzeitig erfolgte die Berufung in die U-17-Nationalmannschaft. Bei der anschließenden Europameisterschaft im tschechischen Teplice gelang ihr auf Anhieb der Sprung auf das Siegerpodest: Platz drei, ihr bis dahin größter sportlicher Erfolg.

Es ist schon längst nicht mehr die besagte Mütze, die ihr manchmal Kopfzerbrechen bereitet. Eher das Problem, die sportlichen und schulischen Verpflichtungen unter einen Hut zu bekommen - da sind auch die Überredungskünste der Zwölftklässlerin gefragt. "Die Gemeinschaftsschule in Glinde legt mir bisher zum Glück keine Steine in den Weg", sagt Butkereit. Wie kürzlich, als es wieder einmal hieß: raus aus der Schule - rein ins Flugzeug. Das Ziel für den Nationalkader der Frauen lag diesmal gute 8200 Kilometer entfernt: Seoul in Südkorea. "Eine tolle Reise, wenn da nur nicht das Klima und das Essen gewesen wären. Als wir in Seoul aus dem Flughafen heraustraten, prallten wir förmlich gegen eine schwüle, heiße Wand. Es war wie ein Hammerschlag", sagt die 18-jährige Halbportugiesin, deren Vater von der iberischen Halbinsel stammt. Und die asiatische Küche stößt bei ihr auch nicht auf viel Gegenliebe. "Das war im Grunde das Schlimmste für mich. Ich mag nun mal kein Asiatisch. Irgendwie schon recht komisch, was die Koreaner da alles in sich reinstopfen", sagt Butkereit. Aber auch hier halfen ihre Überredungskünste: Die jeweiligen Küchenchefs holten ein paar europäische Rezepte aus den Schubladen und stellten ihre Kochkünste mehr auf den europäischen Gaumen ein.

Vom Flughafen Seoul aus führte eine zweistündige Autofahrt das 16-köpfige Team aus Deutschland in Begleitung von U-20-Bundestrainer Claudiu Pusa ins rund 100 Kilometer entfernte Chungju. "Gleich in unserem ersten Turnier trafen wir auf Judokas aus Japan, Mongolei, Kasachstan, Singapur und natürlich Südkorea. Es war für mich unheimlich interessant, die unterschiedlichen Kampfstile kennenzulernen", sagt Butkereit. Die Japaner würden eher den klassischen Stil bevorzugen, die Koreaner dagegen moderner kämpfen. Die Glinderin gewann die Bronzemedaille im Wettkampf bis 70 Kilogramm, für sie eine bleibende Erinnerung an dieses Turnier fernab der Heimat. Ein paar Tagen später ging es zurück in Richtung Seoul, allerdings wurden die Annehmlichkeiten eines Fünf-Sterne-Hotels gegen die eher kargen Räumlichkeiten einer koreanischen Highschool eingetauscht. "Wir waren in Viererzimmern mit je zwei Hochbetten untergebracht", so die Judoka, deren Geschmacksnerven wieder aufs Neue auf die Probe gestellt wurden.

Die direkt neben der Highschool gelegene kleine Anhöhe fiel den Sportlerinnen aus Deutschland am Tag der Ankunft noch nicht ins Auge, dafür bekam sie tags darauf umso mehr Bedeutung: Bei morgendlichen Temperaturen von um die 25 Grad Celsius standen kurze Sprints und Steigerungsläufe an - bevorzugt bergauf. Nach dem Frühstück ging es täglich in den Kraftraum der Schule: Gewichte stemmen. Nachmittags führte eine 20-Minuten-Busfahrt die Mädchen ins Olympiacenter, zwei Stunden Randori-Training, eine Übungsform der asiatischen Kampfkünste. Letztendlich zahlte sich aber die gute Trainingsvorbereitung schon vor Ort aus: Beim abschließenden Mannschaftskampf gegen eine befreundete Universität gelang es dem deutschen Team, den ersten Kampf unentschieden zu gestalten und den zweiten zu gewinnen.

Kurz vor dem Rückflug stand noch ein weiterer Höhepunkt für die deutschen Judokas an: Im Olympiacenter von Seoul bekamen sie die Möglichkeit, gegen Olympiateilnehmer Südkoreas zu kämpfen - eine Erfahrung, die den jungen Sportlerinnen sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben wird. Nach 17 langen und eindrucksvollen Tagen ging es zurück nach Deutschland. "Ich hatte meiner Mutter schon per E-Mail geschrieben, was ich am Abend meiner Ankunft essen möchte", erzählt Butkereit.

Verletzungen sind ihr in diesem Jahr bisher erspart geblieben, in den vergangenen Jahren hatte sie nicht viel Glück. "Ende 2008 hatte ich einen Meniskusriss, wurde das erste Mal operiert", sagt die Glinderin. Musste sie dem hohen Trainingspensum von fünf mehrstündigen Einheiten in der Woche Tribut zollen oder war der Meniskus einfach nur nicht richtig wieder zusammen gewachsen, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Im Oktober 2011 erlitt sie erneut einen Meniskusriss. Auch diesen sportlichen Schicksalsschlag steckte Butkereit weg - in ihr schlägt eben ein Kämpferherz.