Ines Jückstock vom RFV Hoisbüttel hat seit 1988 bei allen Landesmeisterschaften im Voltigieren eine Medaille gewonnen.

Ammersbek. Sie liest gern, wenn es die Zeit zulässt. Sie mag Bücher, die von der großen, weiten Welt handeln. Geschichten aus Australien oder Neuseeland verschlingt sie geradezu. Und es dürfte nicht allzu überraschend sein, wenn in den Erzählungen häufiger Pferde im Mittelpunkt stehen, denn schon von Kindesbeinen an waren sie für Ines Jückstock ein wichtiger Teil ihres Lebens.

Was ihr direktes Umfeld betrifft, so steht die 39 Jahre alte Pferdeliebhaberin allerdings nicht besonders auf Abenteuer und Veränderung. "Ich mag es, wenn viele Dinge in meinem Leben eine gewisse Konstante haben", sagt Jückstock. So wie der Reit- und Fahrverein Hoisbüttel, dem sie mittlerweile auch schon seit mehr als 30 Jahren angehört. Aufgewachsen in Bergstedt, begann die gebürtige Hamburgerin eine Ausbildung bei einem ortsansässigen Steuerberater. Der Arbeitgeber war zufrieden und übernahm sie - das war 1995. Selbstverständlich ist sie dort heute immer noch als Steuerfachgehilfin beschäftigt, und sie lebt auch weiterhin in Bergstedt.

Eine große Verlässlichkeit hat sie im Laufe der Jahre auch im Sport entwickelt - jedenfalls was das Sammeln von Medaillen betrifft. "Seit 30 Jahren nehme ich an den Landesmeisterschaften im Voltigieren teil, habe in den vergangenen 25 Jahren bei jeder Veranstaltung Edelmetall im Einzel-Wettkampf gewonnen", sagt Jückstock. Bei der ansonsten sehr bescheiden wirkenden Pferdesportlerin ist ein leichter Anflug von Stolz in der Stimme unverkennbar. 14-mal Gold, zehnmal Silber und einmal Bronze seien es gewesen. Hinzu kommen diverse Medaillen in Doppel- und Mannschaftswertung.

Diese einzigartige Erfolgsbilanz ist auch in den oberen Verbandskreisen nicht unbemerkt geblieben. Dieter Medow überreichte ihr deshalb jetzt die Ehrennadel des Pferdesportverbands Schleswig-Holstein. "Wir wollen ihre herausragende sportliche Leistung würdigen, aber auch unsere Anerkennung für ihr hohes Engagement in der Jugendarbeit zum Ausdruck bringen", sagt der Verbandsvorsitzende.

Schon seit Jahren würde sie aufopferungsvoll ihr Wissen und ihre Erfahrungen an den Voltigier-Nachwuchs weitergeben. Selbstredend, dass die 39-Jährige auch bei den diesjährigen Landesmeisterschaften den Sprung auf das Siegerpodest schaffte: Sie gewann Silber in der Seniorenklasse hinter der erstplatzierten Kristina Boe (Reit- und Fahrverein Kirchwerder von 1926).

In Wohldorf, im Reitstall ihres Onkels, hat Jückstock einen Großteil ihrer Kindheit verbracht. "Es waren der Geruch und die Atmosphäre, die mich von der ersten Sekunde an nicht mehr losgelassen haben. Mit sechs Jahren durfte ich endlich mit dem Voltigieren anfangen", sagt sie. Zwei Jahre später hätten ihre Eltern ihr dann auch erlaubt, mit dem Reiten anzufangen. Im Nachhinein kann die Bergstedterin es gut nachvollziehen: "Das Voltigieren ist für Kinder eine hervorragende Grundlage für den Reitsport. Man lernt nicht nur das Pferd als Lebewesen besser kennen, man selbst bekommt auch schnell ein ganz anderes Körpergefühl und lernt, sein Gleichgewicht besser einzusetzen."

Voltigieren gibt es seit der Antike. Sei es aus einem Drang nach sportlicher Aktivität, oder aber als ein Schwerpunkt militärischer Ausbildung: Felszeichnungen nordgermanischer Stämme in Südskandinavien oder Grabgemälde der Etrusker im nördlichen Mittelitalien liefern eindeutige Hinweise, dass bereits zu damaligen Zeiten Menschen akrobatische Übungen auf einem an der Longe im Kreis galoppierenden Pferd vollführten. Bei den Olympischen Spielen 1920 in Antwerpen gehörte es zum ersten und bisher einzigen Mal zum Programm, danach entwickelte es sich zum Kinder- und Jugendsport weiter.

Für die Reit-Akrobaten hat sich seit Jahren das Voltigierturnier des CHIO in Aachen zu einem saisonalen Höhepunkt in Deutschland entwickelt. Dort lassen sich stets mehrere tausend Zuschauer von den Vorführungen begeistern. "Noch vor einigen Jahren fanden unsere Wettbewerbe gleichzeitig mit denen der Dressurreiter statt, die sich dann aber häufiger darüber beschwerten, dass sie sich durch die großartige Stimmung unserer Zuschauer in ihrer Konzentration gestört fühlten", berichtet Jückstock.

So sehr sie die Lockerheit und Leichtigkeit ihres Sports schätzt, so weiß sie besser als jeder andere, dass hinter jedem Erfolg vor allem eines steht: harte Arbeit. Dreimal in der Woche trainiert sie zusammen mit der Mannschaft, zweimal steht Einzeltraining auf dem Plan. "Die entsprechende Kondition hole ich mir morgens vor der Arbeit", sagt sie. Joggen und Übungen, die die Sprungkraft und Ausdauer erhöhen, seien ihr wichtig.

Seit knapp 20 Jahren trainiert Jückstock zusammen mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Ruth, die als Longenführerin mit ihr ein nahezu perfektes Team bildet. "Das unerschütterliche Vertrauen des Pferdes zum Longenführer ist die Basis für ein sicheres Voltigieren", sagt Ruth Jückstock. Man sehe es einem Pferd an, ob es mit Spaß dabei ist oder nicht. In der linken Hand hält sie die Longierleine, zeigt mit der rechten auf die Kuppe des im Kreis laufenden 19-jährigen Wallachs Gatsby: "Man kann zum Beispiel an der Beweglichkeit der gesamten hinteren Muskulatur sehen, ob ein Pferd verspannt ist." Um eine zu einseitige Belastung für Pferd und Voltigierer zu vermeiden, ändere man in regelmäßigen Abständen die Laufrichtung des Pferdes.

Wie lange Ines Jückstock noch Sport betreiben möchte, kann sie nicht beantworten. Körperlicher Verschleiß sei auch nach so langer Zeit bei ihr noch nicht festzustellen und der Spaß am Voltigieren sei weiterhin ungebrochen, sagt Jückstock, die sich allerdings über eine Sache ein wenig ärgert: "Wenn ich vom Voltigieren spreche, denken viele an das, was sich bei den Kindern im Anfängerbereich abspielt. Sie haben keinerlei Vorstellung, was Voltigierer auf Höchstniveau leisten."