Golferin Katharina Schulz vom GC Hamburg-Ahrensburg wird in Werder norddeutsche Meisterin der Damen. Deutsche Meisterschaft fest im Blick.

Ahrensburg. Der Anblick der auf dem Küchentisch liegenden, lieblos zusammengerollten Deutschlandfahne weckt Erinnerungen an ein geplatztes Sommermärchen. Kein Spiel der Europameisterschaft habe sie verpasst, sagt Katharina Schulz. Das Halbfinale der deutschen Mannschaft verfolgte sie auf gegnerischem Terrain bei ihrem Lieblings-Italiener gleich um die Ecke. "Nach dem Schlusspfiff war ich für längere Zeit nicht ansprechbar, so sehr hat mich die 1:2-Niederlage geärgert", sagt sie. Die 24 Jahre alte Golfspielerin vom GC Hamburg-Ahrensburg outet sich bereitwillig als Fußballfan.

Vor allem sei sie eine große Anhängerin des Hamburger SV, so Schulz, die seit 2007 in Hamburg wohnt und auch im selben Jahr vom GC Grömitz auf die Anlage am Haidschlag wechselte. "Vor zwei Jahren war ich sogar in London, um mir das Rückspiel im Europa-League-Halbfinale beim FC Fulham im Stadion anzusehen", sagt Schulz. Bekanntermaßen endete das Spiel für den HSV mit dem gleichen Ergebnis wie das der deutschen Nationalmannschaft gegen Italien, dementsprechend wortkarg dürfte sie auf dem Rückflug gewesen sein.

Ihre offene Art und ihr immer freundliches Lächeln lassen vermuten, dass Fußball nur eines von den ganz wenigen Dingen im Leben ist, die ihr komplett die Laune verderben können. Denkt die 1,76 Meter große Sportlerin allerdings an Golf und ganz besonders an ihren Sieg bei den norddeutschen Meisterschaften im brandenburgischen Werder, rücken die schweren Zeiten ihres HSV in den Hintergrund. "Über den Erfolg habe ich mich unheimlich gefreut, gerade nachdem ich im vergangenen Jahr keinen Titel gewonnen hatte", sagt Schulz, die mit neun Jahren mit dem Golfsport begann.

Auf der Anlage des Märkischen Golfclubs Potsdam, rund 14 Kilometer vor den Toren der brandenburgischen Landeshauptstadt, startete sie gleich im ersten Flight. "Bis Loch fünf lief es recht schleppend", so Schulz. Danach sei ihr Spiel besser geworden. Mit 74 Schlägen, zwei über dem Platzstandard, übernahm sie gleich am ersten Tag die Führung. Turniertag Nummer zwei verlief ähnlich: nach anfänglich zähem Spiel kam sie gut in Schwung, spielte viermal einen Birdie und blieb mit 71 Schlägen am Ende einen unter Par - damit lag sie im Abschlussklassement zwei Schläge vor Joana Silva Pinto (147) und vier Schläge vor Tina Utermarck (149; beide G & LC Berlin-Wannsee).

Lehrerin sei ihr Traumberuf, das stünde schon länger für sie fest, so die 24-Jährige. "Am liebsten an einem Gymnasium in Hamburg oder Schleswig-Holstein." Sie studiert Englisch und Geschichte auf Lehramt. Master of Education, so lautet die genaue Bezeichnung des Abschlusses, den sie im Oktober 2013 ablegen möchte. Warum dieser Beruf sie so reizt, kann sie leicht beantworten: "Ich bin früher selbst gerne zur Schule gegangen und mir macht die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen viel Spaß", so Schulz, die ihr Abi mit einem Notendurchschnitt von 1,6 gemacht hat. Erfahrungen in der Praxis sammelt sie jetzt schon: zweimal pro Woche arbeitet sie als Honorarkraft an der Hamburger Rudolf-Roß-Grundschule.

Viel Zeit für Hobbys bliebe ihr nicht, Golf sei doch ein sehr zeitintensiver Sport, so Schulz. Momentan greift sie jede freie Minute zum Buch Freedom von Jonathan Franzen, gerne schaut sie sich aber auch einen Film auf DVD an. "Die Verurteilten, Gran Turino oder Ziemlich beste Freunde sind meine Lieblingsfilme", so Schulz. Science-Fiction- und Actionfilme seien dagegen überhaupt nicht ihr Ding. Mit dem Hamburger Nachtleben hat die 24-Jährige ebenfalls nichts am Hut. "Ein netter Grillabend mit Freunden, gemeinsam kochen oder einfach nur gemütlich zusammensitzen, das ist das, was mir wirklich Spaß bereitet", sagt Schulz. Musikalisch ist ihr Geschmack breit gefächert. Am liebsten hört sie Rock- und Popmusik, gerne aber auch einmal deutsche Schlager.

Kommendes Wochenende sieht sie bereits einen zeitlichen Konflikt auf sich zukommen. Der Hamburger Golf-Club richtet die Qualifikation zur deutschen Meisterschaft aus, nachmittags beginnt auch der Schlagermove auf Hamburgs Heiligengeistfeld. "Ich muss zusehen, dass ich schnell wegkomme. Der Schlagermove ist für mich jedes Jahr ein fester Termin", so Schulz.

Die Teilnahme an den deutschen Meisterschaften im September im niedersächsischen Northeim auf der Anlage des Golf Club Hardenberg hat sie allerdings fest im Auge: "Es ist schon eine große Herausforderung, sich mit den besten Golfspielerinnen Deutschland messen zu können", sagt Schulz. Doch vor dem Erfolg steht bekanntlich der Schweiß. Zwei- bis dreimal in der Woche wird auf dem Golfplatz trainiert, die an fast jedem Wochenende stattfindenden Turniere sorgen für die notwendige Spielpraxis. Regelmäßiges Laufen und Fahrradfahren bilden die Grundlage für die nötige Physis. "Denn nur wer über eine gute Kondition verfügt, kann heutzutage vorne mitspielen", so Schulz. Allerdings muss sie bereits in jungen Jahren der hohen körperlichen Belastung Tribut zollen - der Rücken bereitet ihr schon länger Probleme.

Über die Frage, was den Golfsport für sie so einmalig macht, braucht Schulz nicht lange nachzudenken: "Golf ist ein unberechenbarer Sport, es ist ein Sport, der einen mental sehr fordert. Es kommt vor, dass man ein Turnier über drei Tage dominiert, dann aber an den letzten Löchern komplett versagt."

Die erfolgreiche Golfspielerin wünscht sich mehr Präsenz in den Medien: "Während von den Turnieren der Männer tagelang berichtet wird, bleibt für uns oft nicht mehr als eine kurze Zusammenfassung übrig."