Der selbst ernannte Titelkandidat verliert das Saisoneröffnungsspiel vor 950 Zuschauern im eigenen Stadion gegen den NTSV Strand 08 mit 0:1

Steinburg. Es gab Zeiten, da war es ein gutes Zeichen für den SV Eichede, wenn sich Naim Osmani eine gute Weile nach dem Schlusspfiff zufrieden lächelnd auf den Weg in die Kabine machte. Doch das ist lange her, und als der 25-Jährige am Freitagabend in bester Stimmung als einer der letzten Spieler den Rasen des Ernst-Wagener-Stadions verließ, war die Freude Osmanis das Leid der Steinburger. "Ein Tor von mir wäre schön gewesen, aber vor allem wollte ich hier unbedingt gewinnen", sagte der Offensivmann, der einst große Erfolge feierte mit dem SVE. Nun trägt er das Trikot des NTSV Strand 08, dem Stormarns wohl beste Fußballmannschaft zum Auftakt der Schleswig-Holstein-Liga mit 0:1 (0:1) unterlag.

Vom Selbstbewusstsein eines Aufstiegsanwärters, das Trainer Hans-Friedrich Brunner und manch Spieler vor der Partie formuliert hatten, war schon während der 90 Minuten nichts zu sehen gewesen. Danach wirkten die Eicheder wie gelähmt. Nur Danny Schramm, die neue Nummer eins im Tor, explodierte. Doch als er wütend auf Schiedsrichter Markus Meyer (VfB Schuby) zustürmte, war es schon zu spät. Gerade hatte der Unparteiische abgepfiffen, einen letzten Freistoß der Gastgeber nicht mehr ausführen lassen. In hohem Bogen drosch Schramm den Ball weg. "Das war eine unnötige Aktion", sagte er später, aber sie zeigte auch, was der Mannschaft zum Saisondebüt gefehlt hatte: Leidenschaft, Wille, ein paar Prozent mehr Einsatzbereitschaft.

Ein Ausbruch wie der von Schramm hätte ein bisschen früher am Abend vielleicht noch etwas bewegen können in einer Mannschaft, die eines der größten Probleme der vergangenen Serie (noch) nicht überwunden hat. Wieder fehlte ein Anführer. Weder die Neuzugänge Michael Weiß und Marcello Meyer noch der neue Spielführer Jan-Ole Rienhoff vermochten diese Rolle auszufüllen. Und auch vom Publikum, 750 zahlende, insgesamt 950 Besucher, kam kaum einmal Unterstützung. Zuweilen war es gespenstisch ruhig auf der voll besetzten Tribüne.

Immer wieder sind es die großen Spiele, in denen der SV Eichede versagt. Vor fünf Jahren das Saisonfinale um den Landesmeistertitel gegen den SV Henstedt-Rhen (1:2), im Frühjahr 2011 das Landespokal-Halbfinale gegen den VfB Lübeck (1:2), nun der enttäuschende Auftritt gegen Strand 08. Die Mannschaft mag die Rechnung gezahlt haben für die große Erwartungshaltung im Umfeld, ein echter Titelkandidat aber muss mit solchen Situationen zurechtkommen. "Wir haben uns selbst den Druck gemacht", sagte Trainer Hans-Friedrich Brunner, "damit müssen wir jetzt leben." Die Hoffnung in Eichede ist, dass die Ursache für die schwache Vorstellung in den Köpfen der Spieler liegt und einfacher zu beheben ist als fundamentalere Probleme.

Vielleicht passt nach einer kurzen Saisonvorbereitung einfach noch nicht alles so recht zusammen. Alle drei Neuzugänge, die Brunner von Beginn an aufbot, spielen schließlich auf zentralen Positionen: Sönke Meyer debütierte gegen seinen Ex-Klub als Innenverteidiger, Marcello Meyer im offensiven, Weiß im defensiven Mittelfeld. "Insgesamt ist die Mannschaft aber kaum verändert, die Abgänge sind sehr gut ersetzt worden", sagte Weiß. "Da kann es eigentlich nicht sein, dass wir schlechter sind als vergangene Saison." Diesmal fehlten im Mittelfeld Sicherheit und Kreativität, auf den Außenbahnen Elan, in der Abwehr Übersicht.

Drei symptomatische Szenen gab es in einem Spiel, in dem die Steinburger den größeren Aufwand betrieben, der Gegner jedoch geschickter, zielstrebiger, intelligenter agierte. Zuerst das Gegentor, als vier Eicheder einem doppelten Doppelpass Osmanis mit seinem Bruder Florim staunend zusahen, statt einzugreifen. Am Ende hatte der stets brandgefährliche Riza Karadas keine Mühe, einzuschießen (31. Minute). Acht Minuten später die Großchance für Torge Maltzahn, der sich in bester Schussposition im Strafraum für ein unsinniges Abspiel entschied. Und schließlich die letzte große Möglichkeit, als der eingewechselte Philipp Baasch den später zum Spieler des Tages gewählten Torhüter Denis Klassen doch einmal überwand, Verteidiger Benjamin Zabel den Ball aber gerade noch von der Linie kratzte.

"Das war typisch für den ganzen Abend, dass so ein Ding nicht drin ist", sagte Baasch, mit dessen Nominierung Brunner den Gegner überraschen wollte. Der Stürmer, in diesem Sommer vom FC Sylt eigentlich ins Reserveteam des SVE gewechselt, hatte selbst schon das NTSV-Trikot getragen. "Ich will mich in der ersten Mannschaft festspielen", sagte Baasch. Der Trainer wird den Torjäger weiter beobachten, zumal der von Beginn an als einzige Spitze aufgebotene André Kossowski wirkungslos blieb.

Schramm war auf Anhieb bester Eicheder, nach zwei Jahren auf der Bank ist er nun Stammkraft im Tor. "Ich habe immer weiter an mir gearbeitet und gesagt, dass ich meine Chance nutzen werde, wenn ich sie bekomme", so der 22-Jährige, dem Brunner eine "überragende Leistung" attestierte. Das Lächeln Osmanis aber konnte auch Schramm nicht verhindern.

SV Eichede: Schramm - Bork, Sönke Meyer (76. Barsuhn), Jacob Rienhoff, Wagner - Jan-Ole Rienhoff, Weiß (71. Baasch) - Maltzahn, Marcello Meyer, Rave - Kossowski (46. Kolodzick).