17 Jahre alte Nienwohlderin spielt mit deutscher U-25-Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft heute in Gruppe B in Kanada gegen Japan

Nienwohld. Heute ist ein historischer Tag. Zum ersten Mal findet eine U-25-Juniorinnen-Weltmeisterschaft im Rollstuhlbasketball statt. Im kanadischen St. Catharines (Ontario) kämpfen acht Teams um Medaillen. Das WM-Eröffnungsspiel bestreiten von 11 Uhr Ortszeit an Deutschland und Japan. Und eine der zwölf deutschen Spielerinnen stammt aus Stormarn, genauer gesagt aus Nienwohld. Für ihr Land wird dann auch Andrea Seyrl dabei sein.

Die 17-Jährige ist auf einen Rollstuhl angewiesen, weil ihr zehneinhalb Wirbel fehlen. Daher hat sie eine Spastik in den Beinen (kaudales Regressionssyndrom). Doch Andrea verspürt gewaltigen Bewegungsdrang in sich. Früher war sie eine gute Leichtathletin. Als Rennrollstuhlfahrerin holte sie sogar Bronze bei den deutschen Meisterschaften über 200 und 400 Meter. "In der Leichtathletik musste ich immer alleine meine Runden drehen. Ich habe mich später für Basketball entschieden, weil es ein Teamsport ist", sagt die Stormarnerin heute.

Andrea Seyrl geht im Ligaspielbetrieb für die Achim Lions auf Korbjagd

Andrea nimmt in ihrer aktuellen Sportart die Position einer Flügelspielerin ein. In Lübeck hatte sie mit Rollstuhlbasketball begonnen und später auch für den Hamburger SV gespielt. In der vergangenen Saison ging sie für die Achim Lions (Landkreis Verden) in der Regionalliga Nord auf Korbjagd. Für welches Team sie in der kommenden Spielzeit spielen wird, ist noch unklar. Vielleicht wird sie sich einer Oldenburger Mannschaft anschließen.

Andrea besucht seit einem Jahr ein Sportinternat in Hannover. Zuvor ging sie auf die Bargteheider Johannes-Gutenberg-Schule. Sie hat die zehnte Klasse erfolgreich hinter sich gebracht und möchte nun im nächsten Jahr den erweiterten Realschulabschluss machen. In der niedersächsischen Landeshauptstadt fühle sie sich wohl. Hier kann sie viel Sport treiben und täglich beim Basketball trainieren. "Ein- bis zweimal sogar schon früh morgens vor der Schule. Dann gibt es ein spezielles Schusstraining", sagt die 17-Jährige.

Rollstuhlbasketball gibt es bereits seit 1946, als in den USA Korbjäger in Folge von Kriegsverletzungen nicht mehr am gängigen Basketball teilnehmen konnten. Jedes Team besteht aus fünf Spielern auf dem Feld und die Spielzeit beträgt viermal zehn Minuten - genau so, wie es auch in den deutschen Bundesligen bei den Damen und Herren der Fall ist. Allerdings benötigt Andrea einen speziellen Rollstuhl zum Basketballspielen, der etwa 6000 Euro gekostet hat. Die Krankenkasse übernimmt diesen Betrag nicht. "Aber zum Glück ist meiner bislang immer heil geblieben", sagt die Nienwohlderin.

"Andrea ist sehr schnell und wendig. Sie blockt sehr gut und kann sich auch in der Verteidigung gegen körperlich stärkere Gegnerinnen durchsetzen", sagt Nationaltrainerin Heidi Kirste aus dem niedersächsischen Dohren (bei Tostedt, Landkreis Harburg). Die frühere Olympiasiegerin mit der deutschen Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft baut bei der WM auf die Stormarnerin, will ihr wie in den vergangenen Testspielen auch viele Einsatzzeiten gewähren.

Nationaltrainerin Heidi Kirste peilt Einzug ins WM-Halbfinale an

2009 war Andrea sogar schon einmal wenige Minuten bei der Damen-A-Nationalmannschaft bei einem Turnier in den Niederlanden eingesetzt worden. Bei der WM trifft das deutsche Team noch in seiner Vorrundengruppe B auf Außenseiter Südafrika (16. Juli) und Kanada (17. Juli). Alle acht Teams (zwei Gruppen) ziehen anschließend ins Viertelfinale am 19. Juli ein und spielen dort über Kreuz gegeneinander. Das Endspiel um die Goldmedaille findet am kommenden Donnerstag statt. Kirste sagt: "Unser Ziel ist der Einzug ins Halbfinale."

Damit dies gelingt, haben die deutschen Nationalspielerinnen zuletzt auch einige Trainingslager absolviert. Andrea freut sich einfach darauf, in Kanada dabei zu sein. Und wer weiß: Vielleicht kehrt sie Freitag in einer Woche ja überraschend auch mit einer Medaille nach Nienwohld zurück.

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