Die Eltern Annegret und Rüdiger aus Ahrensburg fieberten auf der Tribüne mit

Ahrensburg. Am Morgen danach klang die Stimme von Benedikt Pliquett schon wieder erstaunlich gut erholt. Ein paar Stunden zuvor, in den Katakomben des HSV-Stadions, hatte der Torwart des FC St. Pauli noch reichlich heiser in die Mikrofone der Reporter gekrächzt, nach den bislang wohl aufregendsten 90 Minuten seiner Karriere vor 57 000 Zuschauern. "Dieser Derbysieg bedeutet mir alles. Ich habe mich nie hängen lassen und jetzt gezeigt, dass sie sich auf mich verlassen können", sagte Pliquett, ein Junge aus Ahrensburg, aus dem längst ein stattlicher 1,99-Meter-Hüne geworden ist. Im prestigeträchtigen Stadtduell der Fußball-Bundesliga hielt er den 1:0-Überraschungserfolg des Aufsteigers fest.

Vom SSC Hagen über den VfL Oldesloe zum Derbyheld, das ist die Geschichte von "Bene", wie ihn seine Freunde nennen. Aus der Kreisstadt war er vor elf Jahren zunächst zum HSV gewechselt, wurde dort jedoch nie so recht glücklich und schließlich aussortiert. Der Triumph über seinen ehemaligen Verein mag also auch eine Genugtuung gewesen sein für den 26-Jährigen, der bis zum Mittwochabend in der Ersten Bundesliga noch ein unbeschriebenes Blatt war. Kaum jemand wusste, dass Trainer Holger Stanislawski das Erstliga-Debüt des Schlussmanns von langer Hand geplant hatte. Pliquett verriet später, "seit vier, fünf Wochen" eingeweiht gewesen zu sein.

Aber so richtig an seinen Einsatz mochte er dennoch lange nicht glauben. Auch Annegret und Rüdiger Pliquett waren sich erst hundertprozentig sicher, dass ihr Sohn tatsächlich zum Einsatz kommt, als der Stadionsprecher die Aufstellungen bekannt gab. Die Eltern waren live dabei, saßen gemeinsam mit Benedikts Großonkel Horst Schulz auf der Tribüne in der ersten Reihe.

"Super, wie klasse er seine Nerven im Griff und dem enormen Druck standgehalten hat", jubelte seine Mutter, die ihn nach dem Spiel nur noch telefonisch erreichte, als dieser schon wieder im Mannschaftsbus saß. Ihr Sohn lässt sich nur noch selten zu Hause am Sommerpark in Ahrensburg blicken. Wenn sie "Bene" sehen möchte, dann ist es für sie am einfachsten, zum Training an die Kollaustraße zu fahren.

Der Ahrensburger hatte beim SSC Hagen einst als Feldspieler begonnen, schon damals fiel er mit Ehrgeiz und großem Einsatz auf. "Bei ihm sieht man, was Beharrlichkeit und Fleiß ausmachen können", hat sein erster Trainer Ole Junker einmal über ihn gesagt: "Ich habe viele junge Leute scheitern sehen, die wesentlich mehr Talent hatten als Benedikt, aber eben nicht diesen unbedingten Willen." Pliquett hat immer für seinen Traum vom Profifußball gekämpft, auf Partys und Alkohol verzichtet.

Der Einsatz im Derby war eine Belohnung für ihn, den Aufstieg zum Stammtorwart bedeutet er wohl nicht. Ob der Stormarner morgen im Auswärtsspiel bei Tabellenführer Borussia Dortmund erneut zwischen den Pfosten des FC St. Pauli stehen wird, ist unwahrscheinlich.