Oststeinbeks neuer Verteidiger Söhren Grudzinski wirkt auch im Ligaausschuss des Oberligaklubs mit

Oststeinbek. Söhren Grudzinski fasst die Querelen, von denen manche sich zu echten Skandalen ausgewachsen haben in den vergangenen Monaten, mit nur einem Wort zusammen. "Altlasten" sind das für ihn, die seinen Einstieg beim in der Hinrunde von Finanzproblemen, einer Streikdrohung und zum Teil öffentlich geführten Auseinandersetzungen zwischen Klub und Spielern immer wieder erschütterten Oststeinbeker SV zwar erschweren mögen, denen er aber ansonsten keine große Beachtung schenkt. "Viele Gerüchte kenne ich, aber keine Details über die Vorfälle", sagt Grudzinski. "Ich möchte einfach nur helfen, das Image aufzupolieren." Einen wie ihn haben sie schon lange gesucht beim OSV.

Seinen Wechsel in der Winterpause vom SC Condor zum Tabellenneunten der Oberliga haben in der Hamburger Amateurszene viele nicht verstanden, für Grudzinski ist es der Start in ein Fußball-Doppelleben mit neuen Herausforderungen. Seinen Stammplatz im ersten Punktspiel des Jahres am Sonntag (15 Uhr, Ochsenzoller Straße) bei Eintracht Norderstedt hat der Abwehrmann ohnehin sicher, er übernimmt aber auch neben dem Platz wichtige Aufgaben. Der Verein will von Grudzinskis sportlichen Qualitäten als ehemaliger Halbprofi in der Regionalliga ebenso profitieren wie von dessen beruflicher Erfahrung als Personalberater und hat ihm Kompetenzen im Ligaausschuss übertragen.

Für viele ist der 36-Jährige auch im Herbst seiner Karriere noch bester Linksverteidiger der Oberliga. Spielen will er "solange die Knochen tragen", das Engagement in Oststeinbek sieht er aber auch schon als Übergang für die Zeit danach. "Für mich ist es der erste Schritt ins Ligamanagement und eröffnet mir die Chance, nach der sportlichen Laufbahn direkt einen Einstieg zu haben", sagt er.

Bis dahin hat der 1,90-Meter-Mann, der in der Jugend beim Bramfelder SV mit Otto Addo kickte und bei Fortuna Köln Mannschaftskamerad von Tim Wiese war, aber noch viel vor. Fünfmal ist er im DFB-Pokal aufgelaufen, "das will ich noch einmal schaffen", sagt er. Vergangene Saison war der OSV mit dem Einzug ins Hamburger Pokal-Halbfinale schon einmal nah dran.

Zunächst geht der Blick aber nach unten, denn noch ist das in der Winterpause mal wieder kräftig umgekrempelte Team fragil. Die Aussagekraft des letzten Testspiels war angesichts von acht Ausfällen zwar gemindert, die 0:5-Niederlage beim SC Vorwärts-Wacker dennoch eine böse Überraschung. "An manchen Tagen läuft es schon richtig gut", sagt Trainer Stefan Kohfahl, "aber in dieser Partie hat man gemerkt, dass noch vieles brüchig ist." Mit zehn Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone besteht aber keine akute Gefahr.

Grudzinski, verheiratet, eine Tochter, will mit seinem neuen Verein "möglichst schnell in ruhiges Fahrwasser kommen", zugleich bastelt er am Kader für die kommende Saison. "Die ersten Spielergespräche habe ich schon geführt", sagt er. "In den Verhandlungen habe ich den Vorteil, dass ich jeden Tag sehe, ob sich die Jungs im Training reinhängen." Möglichst streng will er zwischen seinen beiden Rollen trennen, das ist die Voraussetzung, dass sein Doppelleben funktioniert: "Auf dem Platz bin ich ein Mitspieler wie jeder andere, da darf man mich dann auch mal anpöbeln. Am Verhandlungstisch geht das natürlich nicht."

Für anderthalb Jahre hat Grudzinski erst einmal zugesagt bei den Stormarnern, für ihn ist das eine lange Zeit. Zu Beginn seiner Karriere hat er es drei Jahre beim 1. SC Norderstedt ausgehalten, seitdem beinahe in jeder Saison den Klub gewechselt. "Irgendwie kam immer das richtige Angebot zum richtigen Zeitpunkt", sagt er, "und ich bin jemand, der nach zwei, drei Jahren meistens etwas Neues ausprobieren will." Beim OSV könne er sich freilich auch ein längeres Engagement vorstellen.

Wie Grudzinski wird am Sonntag wohl auch Mannschaftskapitän Michael Weiß in der Anfangself stehen, beide waren jeweils wegen eines Fersensporns erst vor zwei Wochen ins Training eingestiegen. Von den Neuzugängen empfahl sich besonders Verteidiger Seni Sidibeh nachdrücklich, zudem dürfte Johann Stenzel im Mittelfeld gute Einsatzchancen haben. Wem Kohfahl im Tor das Vertrauen schenkt, scheint indes noch offen zu sein. Gegen Vorwärts-Wacker hinterließ Christoph Werth im zweiten Durchgang den besseren Eindruck als Stammkraft Christian Gruhne vor der Pause.