Kreisläuferin Martina Bauer zählt bei den Handballfrauen der SGH Rosengarten-Buchholz zu den Leistungsträgerinnen

Ammersbek. Wer weiß schon, was aus Martina Bauer geworden wäre, wenn sie nicht auf Bärbel Schulz gehört hätte. Die Trainerin hatte 1996 der damals 18 Jahre alten Handballspielerin nahegelegt, den Hoisbütteler SV zu verlassen. Oder wie es Bauer formuliert: "Bärbel hat mich rausgeschmissen." Was sehr hart klingt, meint die Kreisläuferin aber nicht so. "Das war sogar völlig richtig. Im Nachhinein bin ich sicher viel zu spät zum TuS Alstertal gewechselt."

Während die erste Damen-Mannschaft ihres Heimatvereins damals in der fünften Hamburger Liga spielte, geht es für die mittlerweile 33-Jährige nun Woche für Woche um Punkte in der Ersten Bundesliga. Auch wenn ihre Karriere erst spät an Fahrt aufgenommen hat, zählt Bauer beim Aufsteiger SGH Rosengarten-Buchholz zu den absoluten Leistungsträgerinnen. Ihr Trainer Martin Hug weiß, was er an seiner erfahrenen Spielerin hat, die von allen nur "Tini" gerufen wird: "Sie ist sehr schnell und aggressiv, stark im Tempogegenstoß und besitzt den Instinkt für die richtige Situation. In der Abwehr deckt sie immer für zwei."

Schwieriger Spagat zwischen Beruf und Leistungssport

Um Beruf und Leistungssport unter einen Hut zu bringen, ist der Tagesablauf von Bauer, die als Arzthelferin in einer Praxis in Hamburg-Fuhlsbüttel arbeitet, streng durchgeplant. Schließlich trainiert sie fünfmal in der Woche. "Wir haben oft bis 18 Uhr Sprechstunde, ich muss mich dann abhetzen und komme auch regelmäßig zu spät zum Training", sagt die 1,76 Meter lange Handballerin, die für eine Kreisläuferin ungewöhnlich athletisch ist. Bauer bezeichnet sich selbst als einen sehr ungeduldigen Menschen, der hohe Ansprüche an sich stelle.

Als sie mit ihrem Team vor dieser Saison völlig überraschend den Aufstieg schaffte, war ihre Skepsis groß. Schließlich hat ihr Dorfverein den kleinsten Etat aller zwölf Erstligaklubs. Doch mit ihrer Geschlossenheit und ihren kämpferischen Qualitäten überzeugte die Mannschaft, auch ohne teure Stars. Derzeit liegen die Buchholzerinnen auf Rang zehn. Dieser Platz würde am Saisonende reichen, um den Klassenerhalt zu schaffen.

Bauer: "In der Bundesliga zu spielen, war schon als Kind für mich ein Traum. Wir waren nach unseren vielen Siegen in der vergangenen Saison natürlich sehr erfolgsverwöhnt und es nicht mehr gewohnt, zu verlieren. Dann ist uns nach dem Aufstieg aber ein Traumstart gelungen. Daher bin ich zufrieden und sehr stolz, in dieser Mannschaft spielen zu dürfen."

Trotz der bescheidenen finanziellen Möglichkeiten versucht ihr Verein alles, damit sie keine Nachteile im Job hat. Nach dem Auswärtsspiel bei Frisch Auf Göppingen an einem Sonntag durfte sie deshalb sogar ausnahmsweise einmal per Flugzeug die Heimreise antreten, da sie am nächsten Tag ihrer Arbeit nachgehen musste, während die meisten ihrer Mitspielerinnen (viele Studentinnen) den langen Weg per Bus antraten.

Bei der SGH Rosengarten lernte sie auch ihren Freund Nils kennen, der selbst Handballer ist und beim SC Alstertal-Langenhorn II in der Landesliga Hamburg spielt. Beide leben zusammen in Hamburg-Winterhude.

Bauer wurde in Bremerhaven geboren und zog als Vierjährige mit ihrer Familie nach Hoisbüttel um. Zwei Jahre später begann sie bei den Minis des Hoisbütteler SV mit dem Handballspielen. "Schließlich spielte meine ganze Familie dort", sagte Bauer.

Während ihr Bruder mittlerweile aufgehört hat, freut sich die Bundesligaspielerin darüber, einmal im Jahr beim Himmelfahrtsturnier der GHG Hahnheide in Lütjensee mit ihrer Schwester in einer Mannschaft zu stehen.

Zeit für Hobbys bleibt ihr kaum. Da sind höchstens noch ihre zwei Katzen, die ihre Kuschelbedürfnisse einfordern. Und Bauer kocht leidenschaftlich gerne, vor allem Hausmannskost wie Schweinebraten. Ab und zu bereitet sie aber Sushi zu. Einmal im Jahr besucht sie zudem schon traditionell das deutsche Spring-Derby in Klein Flottbek. Aber auch ein weiteres "Hobby" hat mit Handball zu tun. Zehn Jahre lang trat Bauer mit der Spaßauswahl der "Döner Aishen" bei Beachhandballturnieren an.

In der Hinrunde hat sie wegen einer Verletzung vier Spiele verpasst

Handball nahm in ihrem Leben eigentlich schon immer eine sehr wichtige Rolle ein. Umso schmerzvoller war es für sie, als sie während der Bundesliga-Hinrunde wegen eines Bänderanrisses im Daumen im September mit anschließender Operation eine zweimonatige Spielpause einlegen musste. Sie verpasste insgesamt vier Spiele.

Ihr sehr starkes Comeback in ihrer fünften Saison bei Rosengarten gab sie zwischen Weihnachten und Silvester im Heimspiel bei der knappen 23:27-Niederlage gegen den deutschen Meister HC Leipzig, in dem sie vier Treffer erzielte. Insgesamt hat sie schon 30 Tore auf dem Konto. Und es wird für Bauer auch nicht bei einer Bundesliga-Saison bleiben, da sie gerade ihren Vertrag für die nächste Spielzeit 2011/12 verlängert hat. Nach ihrer Karriere möchte sie eine Familie gründen.

Nach Hoisbüttel, in ihre Heimat, kehrt sie aber nach wie vor sehr gerne zurück. Nicht nur, weil ihre Mutter Christel Bauer dort noch lebt, sondern auch, um in der Sporthalle vorbeizuschauen. "Ich gucke dann immer, ob ich noch bekannte Gesichter sehe, aber es werden hier natürlich immer weniger für mich nach so vielen Jahren." Dafür kennt man ihr Gesicht nun bei allen großen deutschen Frauenhandballklubs in der Ersten Bundesliga.