Der Ahrensburger Triathlet Udo van Stevendaal trainiert wie besessen für den legendären Ironman-Wettkampf

Ahrensburg. Der Traum, der genau genommen eher eine große Schinderei ist, soll am 9. Oktober beginnen. Kailua-Kona, Big Island, Hawaii, morgens um 7 Uhr Ortszeit, aber Udo van Stevendaal ist ohnehin ein Frühaufsteher. Er wird sich in die Fluten des Pazifiks werfen und 3,8 Kilometer weit schwimmen, er wird 180 Kilometer auf dem Rennrad durch Lavafelder rasen, und dann kommt ja noch der Marathonlauf (42,195 Kilometer). Elf Stunden ungefähr soll das dauern, und am Ende der Quälerei wird sich van Stevendaal so fühlen, als sei er der glücklichste Mensch der Welt.

Monatelange Vorbereitung, bis zu 30 Stunden Training pro Woche, und nach dem Rennen kommen die Schmerzen. Alles für diesen einen Moment der Zielankunft, "die Faszination der letzten 200 Meter", sagt van Stevendaal. Ein Leistungsdiagnostiker erstellt die Trainingspläne des Ausdauerathleten, und wahrscheinlich, sagt der Ahrensburger, würde er ohne Anleitung sogar noch mehr trainieren. In manchen Wochen spult er das Pensum eines Profis herunter. Manchmal trainiert er sieben Stunden am Stück, aus Begeisterung, aus Leidenschaft.

Van Stevendaal sagt, er habe sich noch nie zu einer Einheit zwingen müssen. Jetzt erst recht nicht, ein paar Wochen vor dem großen Ziel, für das er so lange gekämpft hat. Vor drei Jahren scheiterte er bei seinem ersten Versuch, der ursprünglich der einzige bleiben sollte, er war zu langsam im Qualifikationsrennen um die streng limitierten 1800 Hawaii-Tickets. 2009 in Zürich wagte er sich wieder auf die Strecke. Er musste aufgeben während des Marathonlaufs, und als er im Sanitätszelt neben dem Zielbereich behandelt wurde, hörte er von draußen die Rufe für jeden, der durchkam: "Du bist ein Ironman."

Erst im dritten Versuch gelingt dem 42-Jährigen die Qualifikation

"Das hat sehr wehgetan", sagt van Stevendaal, er musste noch einmal auf die Strecke, Anfang Juli in Frankfurt am Main. 9:53,20 Stunden brauchte er, dann war es vollbracht: Zieleinlauf, Jubel, Glücksgefühle. Aber erst einmal kein Gedanke an Hawaii. Es war ein langsames Rennen unter außergewöhnlichen Bedingungen, erstmals waren Schwimmanzüge verboten, das Thermometer zeigte 31 Grad, die Sonne brannte. Als er auf seine Urkunde schaute, als er sah, dass er 27. geworden war seiner Altersklasse M 40, da wusste er, dass er es geschafft hatte.

Er sagt, dass er nicht damit gerechnet habe, sein Ziel noch zu erreichen, gesundheitliche Probleme hatten ihm zu schaffen gemacht vor dem Wettkampf. "Ich bin ganz befreit an den Start gegangen, entspannt wie nie", sagt er. Am Abend wurde er dann doch hektisch. So gut es nach den Strapazen noch ging, eilte er zur nächsten Bank. Denn nur, wer vor Ort die rund 450 Euro Startgeld passend und in bar bezahlt, erhält sein Ticket für Hawaii.

Van Stevendaal, 42, Physiker, ehemaliger Amateurfußballer, sagt von sich selbst, er sei ein Mann der Extreme, und irgendwie muss man das wohl auch sein als Ironman. Anderthalb Wochen bleiben ihm nach dem Rennen auf Hawaii, Urlaub mit seiner Frau Anke, das Nichtstun wird dem Sportler nicht schwerfallen. "Wenn ich erst einmal angefangen habe, kann ich auch eine Woche oder zwei sehr faul sein", sagt er.

Es soll sein letzter Wettkampf über die Langdistanz werden

24 Stunden dauert die Anreise, ein ganzer Tag im Flieger, van Stevendaal muss die Zeitverschiebung verkraften und den Flug mit seinem Trainingsplan koordinieren, das sind keine Voraussetzungen für eine neue Bestzeit. Das Schwimmen im offenen Meer wird ungewohnt sein, manche sollen seekrank werden im Pazifik, viele schlucken unterwegs so viel Salzwasser, dass sie später schnell schlappmachen. Die Radstrecke ist für ihren starken Wind berüchtigt, am angenehmsten, wenn man davon überhaupt sprechen kann, wird wohl der Marathonlauf. Hawaii ist ein Mythos und gilt neben dem Wettkampf auf Lanzarote als schwierigster Ironman überhaupt. Noch denkt van Stevendaal lieber nicht an den Moment, in dem er es geschafft haben wird, er weiß aus eigener Erfahrung, was alles dazwischenkommen kann. "Hawaii ist mein Traum, seit ich Triathlet bin", sagt er.

Die intensivste Phase der Vorbereitung dauert bis zwei Wochen vor dem Rennen, jeden Tag nach der Arbeit geht van Stevendaal trainieren. Er liebt diese Zeit, weil er ein Sportler aus Leidenschaft ist, und weil, wer viel trainiert, auch genießen kann. "Je mehr man macht, je mehr Kalorien man verbrennt, desto mehr Süßigkeiten kann man sich erlauben", sagt er.

Am 9. Oktober, 7 Uhr Ortszeit, Kailua-Kona, Big Island, Hawaii, gibt es für ein paar Stunden nur Flüssignahrung, leicht verdauliche Sportlerkost für unterwegs, van Stevendaal hat ein Spezialrezept. Am Ende des Tages wird dann erst einmal Schluss sein mit Triathlon über die Langdistanz, er hat es Anke versprochen. Dass es sein letztes Mal sein wird, darauf will er sich aber lieber nicht festlegen. Der Mythos Hawaii könnte ihn zu sehr fesseln.