Der Ahrensburger Fußball-Unparteiische Christoph Zamek berichtet, was er bei Spielen erlebt hat und was er vor allem jungen Kollegen rät.

Ahrensburg. Im Fußball ist kaum ein Job so undankbar wie der des Schiedsrichters - das gilt von der Bundesliga bis in die Kreisklasse. Mit Lob wird gespart, dafür fällt Kritik von Spielern, Trainern und Zuschauern umso heftiger aus. Dennoch gibt es im Kreis Stormarn 131 Frauen und Männer, die regelmäßig zur Pfeife greifen und den Ball ins Spiel bringen. Einer davon ist der Ahrensburger Christoph Zamek.

Der 35-Jährige ist seit 1992 als Schiedsrichter des SSC Hagen Ahrensburg tätig. Zu Beginn der 1990 er Jahre fängt seine Laufbahn als Referee bei Jugendspielen an, inzwischen pfeift er in der Schleswig-Holstein-Liga, der höchsten Spielklasse des Landes. Dabei blickt er auf einen Erfahrungsschatz von weit mehr als hundert Begegnungen unter seiner Leitung zurück.

"Schlechte Erfahrungen hat wohl jeder Schiri schon gemacht", sagt Zamek. Pöbeleien von Aktiven, Coaches oder Fans richtig einordnen zu können, gehöre zur Arbeit des Schiedsrichters. "Sobald es aber zu persönlichen Beleidigungen kommt oder unter die Gürtellinie geht, ist Schluss mit lustig", so Zamek. Aber warum tun sich die Schiedsrichter diese Aufgabe überhaupt freiwillig an? "Um reich zu werden wohl nicht", sagt Zamek, dafür genüge der Spesensatz, der je nach Spielklasse neben 30 Cent Kilometergeld gezahlt wird, nicht. Er überlegt kurz, und ergänzt dann: "Als Schiedsrichter sind wir in erster Linie Idealisten." Überzeugt von der Vorstellung, dass ein faires Miteinander ohne Unparteiischen nicht möglich ist, sind die Schiedsrichter für ein geordnetes Spiel verantwortlich, erklärt Zamek. "Wir leisten unseren Beitrag, damit ein Fußballspiel stattfinden kann." Wie auch bei den aktiven Spielern sei das Pfeifen nicht zuletzt eine Verwirklichung der eigenen Talente, fügt er hinzu.

Erst recht, wenn die fußballerischen Fähigkeiten ihr Limit erreichen. So ergeht es dem Ahrensburger Anfang der 1990er Jahre, als der damalige A-Jugendliche den Referee Kai Voss kennenlernt. Der Großhansdorfer fällt früh mit seiner souveränen Spielleitung auf und empfiehlt dem zwei Jahre jüngeren Zamek, die Schiedsrichter-Prüfung abzulegen. Gesagt, getan: Zamek wird Unparteiischer und steigt schnell auf. Zwischen 1996 und 1998 pfeift er zusammen mit Voss in der Oberliga. Zamek: "Das war eine super Zeit, in der eine echte Freundschaft zu Kai entstanden ist und ich viel von ihm lernen konnte." Voss gelingt bald der nächste Schritt, er ist als Linienrichter später in der Champions League, bei Länderspielen und in der Bundesliga aktiv.

Zamek ist indes beruflich stark in den Schichtdienst der Lufthansa am Hamburger Flughafen eingebunden, zudem plagen ihn zwei Jahre lang Verletzungssorgen. 2004 gelingt ihm der Aufstieg in die Leistungsklasse I der schleswig-holsteinischen Schiedsrichterriege. Inzwischen leitet Zamek mit seinen Assistenten Martin Schatkowski und Steffen Schmidt Spiele in der Schleswig-Holstein-Liga. Nicht nur aufgrund der langen Anfahrtswege sei das Pfeifen "ein sehr großer Zeitaufwand und mehr als nur ein Hobby", so Zamek. Zu jedem Spiel gehört eine Vorbereitung, zudem muss sich jeder Schiedsrichter fit halten. Einmal im Jahr werden in Malente Schnelligkeit und Ausdauer der Top-Unparteiischen geprüft - mit den Standards des Weltverbands FIFA. Bei monatlichen Lehrabenden schulen die Offiziellen das Regelwissen und Verhalten in Krisensituationen.

Zamek erlebt den traurigsten Tag seiner Laufbahn am 16. September 2007 bei der Begegnung zwischen dem VfR Neumünster und dem Itzehoer SV. Die Partie endet 3:3, das Publikum ist außer sich wegen strittiger Entscheidungen und Platzverweisen gegen den Gastgeber. "Wir waren froh, als die 90 Minuten vorbei waren und wir nach Hause fahren konnten. Von den Zuschauern wollten uns einige an die Wäsche." Für Zamek ist eine solche Situation nicht tragbar, "Emotionen gehören zum Fußball dazu, nach Abpfiff darf das aber keine Rolle mehr spielen."

Damit er als Unparteiischer die Kontrolle über das Spiel behält, versucht Zamek unauffällig und berechenbar zu agieren. "Alle auf dem Platz wollen Fußball spielen. Also versuche ich, möglichst viel laufen zu lassen." Kommt es aber zu einem Foul oder Pöbeleien, ist eine Kommunikation mit den Akteuren gefragt. "Wenn mich ein Spieler anmeckert, gibt es auch schon mal einen lockeren Spruch zurück", sagt Zamek. Damit seien viele Akteure ruhiggestellt. "Sobald Grenzen überschritten werden, müssen Karten gezogen werden."

Kommunikation auf Augenhöhe ist das Stichwort, aber Zamek weiß auch, dass sich insbesondere jüngere Unparteiische damit schwer tun. "Die Jung-Schiris müssen viel besser geschützt werden. Insgesamt werden wir oft als Außenstehende behandelt, dabei sind die Schiedsrichter ein unverzichtbarer Teil des Fußballs", so Zamek. "Sie haben für ihren Aufwand den gleichen Respekt verdient wie die Spieler." Bleibe die Anerkennung aus, müsse sich laut Zamek keiner wundern, wenn talentierte Schiedsrichter die Pfeife schnell wieder an den Nagel hängen. Irgendwann stößt eben auch der größte Idealist an seine Grenzen. Christoph Zamek hat diesen Punkt noch nicht erreicht, er beginnt im kommenden Jahr seine 20. Saison als Unparteiischer.