Der einstige deutsche Jugendmeister über 800 Meter aus Reinbek gibt nach einjähriger Pause ein glänzendes Comeback. Er war lange verletzt.

Reinbek. Er läuft wieder, als wäre nichts gewesen, aber in Wahrheit war ja eine Menge zusammengekommen bei Andreas Lange (LG Reinbek-Ohe). Erst Pfeiffersches Drüsenfieber, viel zu spät entdeckt, dann eine Überlastung im Oberschenkel, schließlich eine Zerrung. Das war es dann mit der Saisonvorbereitung 2011, und als der einstige deutsche Jugendmeister seine Konkurrenten danach nur noch von hinten sah, hatte er von der Leichtathletik erst einmal die Nase voll. Jetzt ist Lange zurück, mit etwas kürzerer blonder Mähne, aber mit ungebrochenem Ehrgeiz.

Mit verblüffender Präzision knüpft Lange genau dort an, wo er vor seiner Zwangspause aufgehört hat. Um die Winzigkeit von einer Hundertstelsekunde, in 1:49,12 Minuten, verbesserte er vor ein paar Tagen seine persönliche Bestleistung aus dem Jahr 2010 und damit den Kreisrekord auf seiner Paradestrecke 800 Meter. In anderthalb Wochen wird er in Wattenscheid erstmals bei den deutschen Meisterschaften der Erwachsenen starten, endlich wieder ein großes Rennen. Die Landesmeisterschaften von Schleswig-Holstein und Hamburg, die Lange gerade in 1:50,30 Minuten überlegen gewann, sind eher ein Nebenschauplatz für einen, der schon bei U-20-Weltmeisterschaften gestartet ist (2010 in Kanada).

Trotzdem war der Lauf im Lübecker Stadion Buniamshof wichtig für Lange, als gelungene DM-Generalprobe. Besonders der Schlussspurt machte Appetit, "da hat sich gezeigt, dass noch mehr drin sein muss", sagte der 21-Jährige. In Wattenscheid peilt er das Finale der besten Acht an, in der jetzigen Form ein realistisches Ziel. Doch wichtiger ist die Zeit, um rund eine Sekunde will sich der Stormarner in dieser Saison noch verbessern. Damit wäre ihm die Rückkehr in den B-Kader des Deutschen Leichtathletik-Verbands gewiss (es gilt ein Richtwert von 1:48,50 Minuten), viele Vorteile wie Zuschüsse zu Trainingslagern und kostenlose Diagnosen inklusive.

So also könnte die ungewöhnliche Karriere des Andreas Lange weitergehen. Alles hatte einst eher zufällig mit der Entdeckung des Jugendfußballers beim Wettbewerb "Jugend trainiert für Olympia" begonnen. Im vergangenen Jahr, als an Lauferfolge zwischenzeitlich nicht zu denken war, versuchte er sich beim Handball, einmal abschalten von der Leichtathletik. Nun scheint sogar wieder eine Medaille bei deutschen Meisterschaften möglich zu sein, zwar noch nicht in Wattenscheid, aber im Rennen der Juniorenklasse Ende Juli in Kandel (Rheinland-Pfalz).

Mit etwas Verspätung ist Lange der Übergang vom Jugend- in den Erwachsenenbereich geglückt, neben Weitspringerin Nadja Käther (Ahrensburg) wird er wahrscheinlich der einzige DM-Starter Stormarns sein. Aber auch andere sind dabei, sich zu etablieren, wie ein Trio der LG Reinbek-Ohe in Lübeck zeigte. Carina Hofmeister, 19, sprintete über 200 Meter (25,88 Sekunden) zu Gold. Auch die Schwestern Leonie, 19, über 100 Meter Hürden (15,05 Sekunden) und Natalie Piehl, 22, im Weitsprung (5,79 Meter) holten Gold. Zehnkämpfer Matthias Prey, 23, vom Ahrensburger TSV setzte sich im Diskuswurf mit 47,76 Metern durch.

Zur beachtlichen Stormarner Landesmeisterschaftsbilanz von 16 Medaillen, darunter siebenmal Gold, trugen aber auch die Jugendlichen bei. Kim Laura Thiede (LG Glinde) genügten im Stabhochsprung der Altersklasse U 18 eine Woche nach ihrem neuen Kreisrekord (3,65 Meter) für ihre Verhältnisse eher mäßige 3,50 Meter, um souverän zu gewinnen. Mandy Graw (LG Reinbek-Ohe) war im Diskuswurf eine Klasse für sich, mit 36,05 Metern hatte sie mehr als sieben Meter Vorsprung. Jeder ihrer drei gültigen Versuche hätte zum Sieg gereicht. Auch Lange lag bei seinem Triumph mit großem Abstand vorn, gut drei Sekunden, was über die zwei Stadionrunden schon eine Welt ist.

Im 400-Meter-Rennen hatte Lange zuvor Bronze geholt, in neuer persönlicher Bestzeit (48,61 Sekunden). Über 400 und 200 Meter will er am Wochenende in Hamburg ein letztes Mal vor den deutschen Meisterschaften seine Sprintfähigkeit trainieren.

Was sonst noch kommt in der Leichtathletik-Karriere des Reinbekers? "Ich möchte mich jetzt auf jeden Fall noch einmal richtig rankämpfen", sagte er. "Meine Verletzungspause ärgert mich, aber im Nachhinein denke ich, dass mein Körper sie vielleicht brauchte." Die Motivation sei dahin gewesen zwischendurch, "aber ich habe nie daran gedacht, ganz aufzuhören".

Und doch stellt sich wie für jeden jungen Athleten auch für Lange das Problem, Sport- und Berufslaufbahn zu vereinbaren. Ein erstes Studium hat er abgebrochen, strebt nun eine duale Ausbildung in der Versicherungsbranche an. "Wenn es klappt, müsste man sehen, wie es sich kombinieren lässt", sagte er, "noch mehr als jetzt könnte ich wohl nicht trainieren." Doch wer die Schattenseiten des Sports so intensiv kennengelernt hat wie Lange im vergangenen Jahr, genießt gern auch mal den Moment: "Ich bin gerade echt froh, dass es wieder so gut läuft."