Reinbek. VHS Oststeinbek stand kurz vor dem Aus. Das konnte abgewendet werden. Für beide Seiten ist der Zuwachs ein Gewinn. Was sich ändert.

17 Minuten – so lange braucht es, um mit dem Auto von der VHS Sachsenwald an der Klosterbergenstraße zu der nach Oststeinbek an der Möllner Landstraße zu pendeln. „Ein Katzensprung“, sagt Simon Bauer. Der 45-jährige Leiter der Reinbeker Volkshochschule fährt die Strecke jetzt öfter, denn seit Anfang April ist die VHS Oststeinbek quasi die kleine Schwester der VHS Sachsenwald. Beide Kommunen haben einen Kooperationsvertrag geschlossen.

Die VHS Oststeinbek ist in der VHS Sachsenwald aufgegangen und heißt nun auch so. Für die geschwächte VHS in der Nachbarkommune ist die Kooperation die Rettung, denn sie stand kurz vor der Auflösung, die die Politik schlussendlich aber ablehnte. Die mehrjährige Vakanz der ehrenamtlichen Leitung und die Zeit der Pandemie hatten bei der VHS Oststeinbek tiefe Spuren hinterlassen.

VHS Oststeinbek nach Kooperation nun Zweigstelle der VHS Sachsenwald

Die Zahl der Kurse und der Teilnehmer waren stark rückläufig. 2019 gab es an der VHS noch 92 Kurse mit 989 Teilnehmern, in 2021 nur noch 39 Kurse mit gerade mal 162 Personen. „Wir sind froh, dass wir diese Lösung gefunden haben“, sagt Oststeinbeks Bürgermeister Jürgen Hettwer. 20.000 Euro pro Jahr lässt sich Oststeinbek den Fortbestand eines ortsnahen und bezahlbaren Weiterbildungsangebots in der Gemeinde kosten. Ein Großteil fließt in die Personalkosten. Simon Bauer begrüßt den Zuwachs und sieht dem künftigen Mehraufwand in Planung und Organisation gelassen entgehen.

Unterstützt wird er von seinem neunköpfigen Team – darunter eine neue Mitarbeiterin in Oststeinbek. Gerade sind sie dabei, das neue Programm zu planen. Bis Anfang August muss es auf die Beine gestellt sein. Dann wird das neue Kursheft gedruckt und soll am Mittwoch, 23. August erscheinen. Zum ersten Mal wird dann auch Oststeinbek – neben Reinbek und Wentorf – auf dem Titel genannt. Die Bürgermeister beider Kommunen, Björn Warmer und Jürgen Hettwer, freuen sich schon darauf, das Heft gemeinsam mit Simon Bauer präsentieren zu können.

Sprachkursangebot soll ausgeweitet werden: Dozenten gesucht

Bauer hofft, dass Italienisch für Anfänger dann einer von rund 20 angebotenen Kursen in Oststeinbek ist. Bislang können Sprachinteressierte hier nur ihr Englisch in den VHS-Räumen über der Gemeindebücherei aufbessern.„Ein ordentliches Sprachkursangebot aber ist für mich ein Muss in einem guten VHS-Programm“, sagt Bauer, der Erwachsenenpädagogik von der Pike auf gelernt hat und die VHS in Reinbek seit sechs Jahren leitet.

Für den Italienischsprachkursus allerdings muss Bauer erst einmal einen Dozenten auftreiben. „Die wohl größte Herausforderung aktuell“, sagt Bauer, der immer wieder Lehrende sucht und immer schwerer findet, zumal die Volkshochschule in Hamburg ihren Leuten höhere Honorare zahlen kann. Seine Honorare kann Bauer aber nicht beliebig anheben: „Ich muss zugleich darauf achten, dass das Bildungsangebot bezahlbar und die Kursgebühr moderat bleibt“, erklärt der Bergedorfer die Zwickmühle, in der er steckt.

Stadt unterstützt die VHS mit einer knappen halben Million Euro im Jahr

Zuletzt wurden die Kursgebühren bei der VHS Sachsenwald 2021 erhöht, eine weitere Anhebung ist erst einmal nicht geplant – und wird wohl auch nicht notwendig. „Die Teilnehmerzahl steigt wieder. Die Kurse sind gut gebucht“, freut sich Simon Bauer. Auch wenn das Vor-Corona-Niveau mit rund 7000 Teilnehmern (in 2019) noch nicht wieder erreicht ist (2022 waren es rund 4800 Teilnehmer), ist der VHS-Leiter zuversichtlich, dass die Weiterbildungseinrichtung mit ihren aktuell 270 Kursen einen wichtigen Stellenwert in Reinbek und Umgebung einnimmt.

Das scheint auch Konsens in der Politik zu sein, denn die stimmte zu, dass die Stadt ihre ortsnahe Bildungseinrichtung mit rund einer halben Million Euro im Jahr, 495.000 Euro, bezuschusst. Etwa gleich viel generiert die VHS aus Kurseinnahmen. Einen geringen Zuschuss (rund 32.000 Euro) erhält sie vom Land Schleswig-Holstein.

Ausbau von Intergrationskursen geplant

Eine aktuell wichtige Einnahmequelle sind die Sprach- und Integrationskurse, deren Angebot Bauer weiter ausbauen will – wenn er weitere Dozenten findet. In Kürze startet zum ersten Mal ein Integrationskursus in der alten Campusschule, in der gerade Ukrainerinnen mit ihren Kindern untergekommen sind. Der Kursus wurde hierhin verlegt, weil in den VHS-Räumen an der Klosterbergenstraße am Vormittag Gymnasiasten fürs Abitur büffeln.

Ob Yoga, Malen oder ein Vortrag über Künstliche Intelligenz – Weiterbildung ist nicht für beide Geschlechter und aller Altersschichten gleich attraktiv. Drei Viertel der Teilnehmer in Reinbek sind weiblich und meist älter als 50 Jahre. Neben Sprachkursen sind Kunst- und Kultur-Vorträge genauso wie Kochkurse zur asiatischen Küche stark nachgefragt – bei einigen gibt es lange Wartelisten.

Statt drei Kochkursen hätte Bauer locker doppelt so viele anbieten und füllen können. Dafür aber fehlen ihm derzeit die Räume. Gekocht werden kann nur noch in der Küche der Gertrud-Lege-Schule. Mit der neuen Kooperation könnte sich das ändern: Bei der VHS Oststeinbek wurden in früheren Jahren ebenfalls Kochkurse an der Helmut-Land-Grundschule angeboten. „Vielleicht können wir das wieder aufleben lassen“, sagt Bauer. Vom Fahrtweg sei das durchaus machbar.