Reinbek. Mahnwache der Omas gegen rechts verläuft zunächst friedlich. Doch dann kommt es zu einem Zwischenfall mit einem Tagungsteilnehmer.

Statt dem sonst manchmal im Seniorenalter dominierenden Giftbeige ging es vor dem Schloss Reinbek am Montagnachmittag eher kunterbunt zu – allerdings mit einem ernsten Hintergrund: Die Omas gegen rechts, aber auch einige junge Leute, Vertreter der Grünen und der SPD sowie weitere Bürgerinnen und Bürger hatten sich dort versammelt, um gegen die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zu protestieren. Gut 60 Demonstrierende säumten die Allee zum Innenhof des Schlosses, die die ebenfalls gut 60 Gäste hinaufgehen mussten, um zu ihrer Tagung zu kommen.

„Nazis raus!“, brüllten die Demonstrierenden den Tagungsbesucherinnen und -besuchern entgegen, und: „Ganz Reinbek hasst die AfD!“ Einige der Gäste schrien ebenfalls zurück: „Nazis raus!“, andere verbargen ihr Gesicht oder gingen einfach schnell in den Gartensaal hinein.

„Das ist keine Diffamierung, das ist Demokratie!“

Als ein Besucher sich bei einer Demonstrantin beklagt, sie diffamiere ihn, sagt Kirsten Wolf, eine der Omas gegen rechts aus Geesthacht: „Nein, das ist keine Diffamierung, das ist Demokratie. Wir müssen alle etwas tun. Für mich ist es wesentlich, dass wir dem widersprechen, wenn hier jemand unsere Demokratie gefährdet.“

Die nachmittägliche Tagung unter dem scheinbar harmlosen Titel „Deutschland 2050“ hatte die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) organisiert, die politisch der AfD nahesteht. Erika Steinbach, die 2022 in die AfD eingetreten war, ist ihre Vorsitzende auf Bundesebene. Die Stiftung stand im Oktober in den Schlagzeilen, weil sie bis vor das Bundesverfassungsgericht zog, um staatliche Fördermittel für sich zu erstreiten. Am Montag gab es Vorträge zu den Themen „Konservative Ethik“ oder „Demographie im 21. Jahrhundert – Familienpolitik versus Migration“.

Die Demonstrierenden sehen die Demokratie gefährdet

Das Hamburger Bündnis warnte im Vorwege: „Der Stiftung ging es nie um politische Bildung, sondern um die Verbreitung extrem rechter und völkischer Ideologie“, sagte Christel Stöffler. Eine Demonstrantin wandte sich an Elke Güldenstein, Leiterin des Kulturzentrum Schloss Reinbek, und kritisierte: „Das geht doch nicht, dass diese Leute das gesamte Schloss für sich haben.“ Elke Güldenstein erläuterte, dass die Stiftung nur einen Saal gemietet habe, der Rest des Schlosses aber nur von Donnerstag bis Sonntag geöffnet sei. „Wir können keine Partei abweisen, das gibt unsere Satzung, die die Politik beschlossen hat, nicht her“, erklärte sie. „Denn wir stehen nicht nur kulturellen, sondern auch politischen Veranstaltungen offen.“

Stadtverordneter Dirk du Pin (SPD) sieht das anders. „Als Vorsitzender des Hauses Brügge in Bergedorf habe ich dort mit dem Argument Gefahr im Verzug schon einmal eine Wahl-Veranstaltung mit der AfD abgesagt“, berichtete er. „Ich finde es gut, dass auch Bürger gekommen sind. Damit unsere Demokratie nicht in Verruf gerät, müssen wir Flagge zeigen.“ Gefahr im Verzug sah Polizeichef Jochen Sohrt allerdings nicht als gegeben. „Es ist alles ruhig, und die Mahnwache gegen rechts war ordnungsgemäß angemeldet“, sagte er.

Polizei ruft Tagungsbesucher zur Ordnung

Nur einmal kam es zu einer kurzen Rangelei, als einer der Gäste im Zickzack an den Demonstrierenden vorbeiging und sie dabei mit seinem Handy filmte. „Ich widerspreche ausdrücklich, dass Sie mich hier filmen“, sagte Günter Herder-Alpen, Fraktionschef der Reinbeker Grünen, und bat die Polizei, die Angelegenheit zu klären. „Ich will nicht, dass mein Bild nachher auf irgendwelchen AfD-Seiten auftaucht“, betonte der Stadtverordnete. Die Polizei kam seiner Bitte nach.

Die Fragen unserer Redaktion an die DES nach den Zielen der Tagung blieben auch am Montag unbeantwortet.