Trockenheit

Waldbrandgefahr: Alarmstufe Rot in Reinbeks Forsten

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Pia Borchers
Förster Fritz Ole Wolter zieht eine leere Bierflasche aus dem Gestrüpp. Das dunkle Glas kann sich gefährlich aufheizen.

Förster Fritz Ole Wolter zieht eine leere Bierflasche aus dem Gestrüpp. Das dunkle Glas kann sich gefährlich aufheizen.

Foto: Pia Borchers / pia Borchers

Es braucht derzeit wenig, einen verheerenden Waldbrand auszulösen. Besonders gefährdet sind die Oher Tannen.

Reinbek. Es knistert, als Fritz Ole Wolter in das Unterholz steigt, dünne Äste brechen unter seinen Stiefeln. Der Reinbeker Förster zieht eine braune Bierflasche aus dem ausgetrockneten Gestrüpp hervor. Derartige Funde bereiten ihm derzeit große Sorgen. Es herrscht Alarmstufe Rot in Reinbeks Wäldern! Und die Waldbrandgefahr steigt mit jedem Tag ohne Regen weiter.

„Die dunklen Flaschen können sich in der Sonne ganz schön aufheizen und dann einen Brand auslösen“, erklärt Fritz Ole Wolter und legt die Flasche in sein Auto. Die Hitzewelle hat die Waldbrandgefahr in ganz Schleswig-Holstein ansteigen lassen: Es ist zu warm, und es gibt zu wenig Regen. „Das können die Menschen auch in ihren Gärten sehen. Wer nicht selbst bewässert, hat wahrscheinlich vertrockneten Rasen“, sagt Wolter.

Seit dem Hitzesommer 2018 zu wenig Regen

Wenn Jens-Birger Bosse, Abteilungsleiter bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, in diesem Sommer aus seinem Bürofenster schaut, sieht er einen Haselnussstrauch, der schon zur Hälfte seine Blätter verloren hat. Seit dem Hitzesommer 2018 gebe es zu wenig Regen und zu hohe Temperaturen, so Bosse. Und obwohl es im Februar und März vergleichsweise viel geregnet habe, konnte das den fehlenden Niederschlag nicht ausgleichen. „Manche Pflanzen sind dieses Jahr vielleicht grün, aber sie leben von der Hand in den Mund“, sagt Bosse. Die obere Bodenschicht bekomme gelegentlich noch genug Wasser, die Wasserreserven in den tieferen Schichten gingen aber zur Neige.

Kurze und starke Regenphasen reichen nicht aus, wissen die Experten: Das Wasser fließt auf dem Boden zu schnell in Gullys und Gewässer ab oder verdunstet direkt. Außerdem machen die hohen Temperaturen und die vielen Sonnenstunden dem Boden und den Pflanzen zusätzlich zu schaffen. „So trocknet die Biomasse aus“, erklärt Jens-Birger Bosse und meint damit die Pflanzen, Blätter und Hölzer im Wald. „Der kleinste Funken oder etwas zu viel Hitze können dann in wenigen Sekunden zu einem Waldbrand führen.“

Besonders gefährdet sind die Oher Tannen

Zu Fritz Ole Wolters 800 Hektar großem Forstgebiet gehören die Waldorte Großkoppel, Vorwerksbusch, Krähenwald und Klosterbergen, Havighorst, die Oher Tannen, Hahnenkoppel und die Grander Tannen. Besonders die Oher Tannen sind waldbrandgefährdet. „Die Kiefern spenden nicht so viel Schatten wie Laubbäume, und der Boden trocknet schneller aus“, sagt Fritz Ole Wolter. „Laub, Nadeln und Holz am Waldboden zersetzen sich schlecht, wenn die Feuchtigkeit fehlt. Dann wird das trockene Geäst zur Gefahrenquelle.“

Fast überall in Schleswig-Holsteins Wäldern herrscht derzeit Waldbrandwarnstufe vier („hohe Gefahr“), teilweise gilt auch die höchste Stufe fünf („sehr hohe Gefahr“) mit dem Farbcode Lila. Rauchen und offenes Feuer sind strengstens verboten. Auch das Parken eines Autos mit heißem Katalysator über trockenem Gras kann rasch ein verheerendes Feuer auslösen. Oder eben eine weggeworfene Flasche.

Um die Gefahr in den besonders problematischen Nadelwäldern zu mindern, pflanzen Förster – wie Fritz Ole Wolter in den Oher Tannen – Laubbäume zwischen die Baumreihen. Die Blätter sorgen dann für wichtigen Schatten. Diesen Waldumbau betreibt auch der Rest der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, mittlerweile sind von den 50.00 Hektar Waldfläche etwa 89 Prozent Mischwald.

Das Löschen bedeutet harte Knochenarbeit

Kommt es zu einem Waldbrand, bedeuten die Löscharbeiten für die Retter von den Freiwilligen Feuerwehren oftmals harte Knochenarbeit. Die Wasserversorgung ist schwierig, gelöscht wird nicht selten per Hand mit Feuerpatschen und Wasser aus einem Rucksack. „Dieses Gerät haben wir in besonderen Containern auf einem Logistikfahrzeug, das in diesen Fällen ausrückt“, berichtet Joachim Stanisch, Sprecher der Feuerwehr Reinbek. An offenen Gewässern gebe es im Wesentlichen nur die Bille und den Schlossteich, aus denen große Wassermengen gepumpt werden könnten. Das Löschwasser müsste dann im Pendelverkehr mit Tanklöschfahrzeugen oder Anhängern aus der Landwirtschaft zu den Einsatzstellen gebracht werden.

Derartige Pendelfahrten kennt Natascha Pätzold, Sprecherin der Freiwilligen Feuerwehr Wentorf, aus dem vergangenen Jahr. Im Sommer 2019 waren die Wentorfer bei dem tagelangen Waldbrand auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen (Landkreis Ludwigslust-Parchim) im Einsatz. Damals brannte es auf einer Fläche von 944 Hektar. Natascha Pätzold ist in Sorge: „Mit dem Klimawandel werden die Böden einfach immer trockener.“ Das sieht auch Joachim Stanisch so: „Die Waldbrandgefahr steigt weiter“.

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