Wentorf. Für herkömmliche Museen wäre es eine Katastrophe, für den Kunstsammler Rik Reinking, der gerade gemeinsam mit seiner Frau Anna-Julia ihr Woods Art Institute (WAI) in der ehemaligen Sprachheilschule an der Golfstraße eingerichtet hat, war es hingegen eine glückliche Fügung:
Am Tag, nachdem er die Installation „Crack Head“ des Künstlers Terence Koh mit 222 Glasvitrinen und Selbstbildnissen hat aufstellen lassen, fand Rik Reinking eine Ecke des Kunstwerks in Scherben wieder. In der Nacht waren einige Vitrinen scheppernd zusammengebrochen. „Und eigentlich fand ich es so viel, viel schöner“, erzählt Rik Reinking.
Scherben werden Teil der Ausstellung
Er lud Terence Koh ein, sich das Resultat der Schwerkraft anzuschauen. „Er hat mich umarmt und gesagt, ich verstehe, wie er sein Werk meine“, berichtet der Sammler. „Denn ihm geht es um das Unperfekte, die Brüche.“ Die Scherben dürfen liegen bleiben, ohne Absperrung, und der Besucher erfährt bei einer Führung alle Hintergründe.
„Wir sind privat, dadurch sind wir flexibler und können freier reagieren.“ Da dürfen Kunstwerke schon einmal im Treppenhaus hängen oder die Besucher dürfen durch die kulturhistorischen Artefakte, – neben der zeitgenössischen Kunst ein zweiter Teil seiner umfangreichen Sammlung – hindurch spazieren. „Allerdings ist auch der Blick auf die Sammlung ein sehr privater“, betont Rik Reinking (43).
Öffentlichkeit kann Ausstellung 2020 besuchen
Der studierte Jurist und Kunsthistoriker feierte Sonnabend ein „Soft Opening“ (private Eröffnung) seines Instituts, das sich auch sonst von herkömmlichen Museen und Institutionen unterscheiden soll. Ab Frühjahr 2020 hat auch die Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich über die Webseite für eine Führung anzumelden. Ein Eintrittspreis steht bisher noch nicht fest.
Rik und Anna-Julia Reinking möchten ihren Besuchern eine Begegnung mit der Kunst ermöglichen. „Es erschließt sich dem unbedarften Besucher nicht, warum ein leeres Glas oder ein schmutziger Teppich Kunst sein kann“, erläutert Reinking. „Aber während einer Führung kann man die Geschichten erzählen, die dahinter stecken und die Hintergründe vermitteln. Wie bei dem bunten Teppich von Johannes Wohnseifer.
Massenprodukt als Kunst
„Sein Werk ist eigentlich eine Kritik daran, dass sich ein Konzern wie Ikea den kreativen Input der Farbfeldmalerei für ein Massenprodukt zunutze macht und es für 9,99 Euro verkauft“, erklärt Reinking. Diesen Prozess kehrt der Künstler quasi um und erklärt das Massenprodukt zur Kunst.
„An diesem Ort erfährt man aber auch ganz viel über das Fühlen und über die Wahrnehmung“, sagt Kunstexperte Reinking. Zwei Werke, die eng miteinander verbunden sind, sind direkt im WAI entstanden, in der Diskussion zwischen Künstler und Sammler.
Künstlern Gelegenheiten bieten
Reinking hat Roland Schappert eingeladen, zwei Wandabschnitte zu gestalten. Mit seinen sehr individuellen Schriftbildern hat er seine Werke „you“ und „Haltung“ geschaffen. Auch künftig will Rik Reinking Künstlern die Gelegenheit geben, in seinem inspirierenden Institut zu arbeiten. Es gibt zehn Ateliers und Werkstätten mit Übernachtungsmöglichkeit. Interessenten werden sich künftig über die Webseite bewerben können.
Das richtige Ambiente bietet dafür das etwa zehn Hektar große, denkmalgeschützte Anwesen mit dem Park des Gartenarchitekten Rudolph Jürgens, der den Park mit Arboretum Anfang des 20. Jahrhunderts plante. „Eigentlich sehen die Bäume erst heute so aus, wie er sie sich einmal vorgestellt hat“, stellt Reinking fest.
Park wird durch Skulpturen komplettiert
Bis zum Eröffnungstermin im Frühjahr, der noch bekannt gegeben wird, sind im Park noch Skulpturen geplant und auch ein Café. Er will noch das Herrenhaus und den Park auf Vordermann bringen lassen. So wie einst die Bäume wird auch das WAI noch etwas Zeit brauchen zum Wachsen.
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