Von Kerstin Völling

Reinbek
. Farhad Barazi schüttelt den Kopf. "Nein, vorher wusste ich nicht, was ein ,White Dinner' ist." Als er von dem "Abendessen in Weiß" hörte, habe er spontan eine Joghurt-Minz-Soße angerührt. "Ich dachte nämlich, auch das Essen müsste weiß sein", sagt er auf Englisch und lacht. Barazi, einer der 40 Flüchtlinge, die zur ersten Open-Air-Tafel im Krabbenkamp eingeladen wurden, amüsiert sich prächtig. Er probiert vom Schafskäsesalat seiner Nachbarin und achtet darauf, dass Oliver Klinck und seine Frau Nicole, die ihm gegenüber sitzen, etwas davon abbekommen.

"Ich bin ein kommunikativer Typ", sagt Barazi. "Insofern finde ich diese Aktion super und freue mich, viele Leute aus dem Krabbenkamp kennenzulernen." Ein paar Worte Deutsch könne er auch schon. "Die hat mir Frau Klinck beigebracht", sagt der Syrer stolz.

Nicole Klinck engagiert sich ehrenamtlich für die Flüchtlinge, übernimmt Fahrdienste und unterrichtet Deutsch. Aber nicht nur die Flüchtlinge sollten die Krabbenkamper beim ersten "White Dinner" auf dem Bolzplatz kennenlernen, sondern auch den Rest ihrer Nachbarschaft.

"Mein Mann und ich sind beide voll berufstätig. Wir haben keine Kinder und keinen Hund, insofern kennen wir hier immer noch recht wenig Leute", sagt Initiatorin Anke Ludwig, die seit sieben Jahren im Krabbenkamp wohnt. "Ich wollte immer schon bei einem ,White Dinner' mitmachen. Hamburg ist aber zu weit, weil man ja Tisch, Stühle und die Verpflegung selbst zum Dinner mitbringen muss." Da sei ihr die Idee gekommen, das Ganze doch quasi vor der Haustür zu veranstalten. "Nachdem ich mir der Unterstützung von Nachbarn wie Bernd Gebert und seiner Frau Dörte sicher sein konnte, dachte ich mir: Das mach ich!"

Mit dem Ergebnis sei sie hochzufrieden: "Über 100 sind gekommen!" Und das Nachbarschaftsfest in komplett weißer Kleidung sollte später weit in die Abendstunden reichen. Erst bei Kerzenlicht klang es aus.

Derweil beteuert Khaled Entabi, dass ihm auch das deutsche Essen schmeckt. "Egal, ob Kartoffeln oder Fleisch, ich finde alles lecker!", sagt er. Das mit dem Fleisch kann Angelika Fleischer nur bestätigen. "Ich hatte Hühnerbeine zubereitet. Die gingen so schnell weg, dass ich jetzt schon auf dem Trockenen sitze", sagt sie mit einem Augenzwinkern. Und das, obwohl die Syrer auch ein ganzes Backblech mit einem Hühnchen-Kartoffel-Gericht mitgebracht hatten. Fischer weiß, dass nicht alle Anwohner des Krabbenkamps von der White-Dinner-Idee begeistert waren. "Es gibt welche, die nichts mit den Flüchtlingen zu tun haben wollen. Aber es gibt immer solche und solche, da darf man sich nicht von beeinflussen lassen. Wir hier wollen jedenfalls keinen Hass", sagt Fleischer. Sie wohne direkt an den Unterkünften für die Asylsuchenden. "Wenn die Flüchtlinge mich sehen, grüßen sie mich immer freundlich. Das schaffen manche andere Nachbarn nicht."

Veranstalterin Ludwig findet das Dinner jedenfalls so gelungen, dass sie erwägt, im kommenden Jahr eine Neuauflage zu starten. "Es wurden viele Telefonnummern ausgetauscht. Nun wissen wir auch, wer im Krabbenkamp die gleichen Interessen hat wie wir."