Von Thomas Schütt

Wentorf/Lohbrügge.
Zweitakt-Duft liegt in der Luft ... "Rängdängdärändäng" - der Schwalbenmotor heult auf, tuckert dann freundlich qualmend vor sich hin. "Beim ersten Antreten angesprungen." Sven Guses Augen glänzen, als würde sich vor ihm gerade eine Schönheit entkleiden. "Mann, die stand ein halbes Jahr draußen, bei Wind und Wetter." Der Motorroller "Schwalbe" (50 Kubikzentimeter Hubraum, gut dreieinhalb PS, Spitze 60 km/h), der in der ehemaligen DDR unter dem Markennamen Simson hergestellt wurde, ist mittlerweile zum gesamtdeutschen Kultgefährt avanciert. "Sie ist mein Baby", sagt Guse.

Der 26-jährige Lohbrügger schraubt gern selbst, und mit seinem gleichaltrigen Kumpel Daniel Teßenow hat er einen Fachmann an der Seite. Der Wentorfer restauriert regelmäßig Simson-Gefährte. "Mein nächstes Projekt ist ein S51/B, das ich in den Zustand versetzen werde, wie es 1982 aus dem Werk kam." Er liebt das Arbeiten in seiner kleinen Werkstatt. "Ich kann dann vollständig abschalten. Eine bessere Entspannung gibt es nicht für mich", sagt der Altenpfleger.

Was ist das Besondere an den DDR-Maschinen? "Die Dinger sind einfach aufgebaut, unglaublich robust, zuverlässig und vor allem preiswert." Für eine gut restaurierte Schwalbe im "Top-Zustand" zahle man um die 1000 Euro. "Alle Teile sind leicht zu bekommen, und man braucht auch kein teures Werkzeug, um arbeiten zu können", sagt Guse.

Daniel Teßenow interessiert sich "auch sehr für die Geschichte des Simson-Werkes" im thüringischen Suhl, das die politische Wende 1989 nur um 13 Jahre überlebte. 2002 endete die Zweiradproduktion. "Die haben eine tolle Geschichte. Sogar Autos haben die in den 1920er-Jahren gebaut." Und später natürlich das einzige Viertaktmotorrad der DDR, die legendäre Awo 425. "Ich habe mal eine restauriert", sagt Teßenow stolz. Das sei allerdings etwas schwieriger gewesen. "Ein Viertaktmotor ist halt viel komplizierter aufgebaut als ein Zweitakter."

Von allen Modellen, die vor allem Vogelnamen wie Spatz oder Sperber hatten, wurden mehrere Millionen Stück gebaut und in viele Länder exportiert. Auch konnte das Renn- und Enduroteam des Werkes etliche Preise einheimsen. "Vor sechs Jahren bin ich auch mal nach Suhl gefahren und habe mich durch das Werk führen lassen. Viel sieht man leider nicht mehr." Mit über 4000 Mitarbeitern war das Werk in den 1980er-Jahren einer der größten Arbeitgeber der Region. "Echt schade, dass die aufgeben mussten. Bessere Zweiräder in dieser Kubik-Klasse gibt es nicht", sagt Teßenow und nimmt nebenher einen Vergaser auseinander. "Ganz simpel", sagt er. Ein paar Ein- und Auslassdüsen, ein Schwimmer, eine Nadel zum Regeln der Benzinzufuhr und zwei Schrauben zum Einstellen des Benzin-Luft-Gemischs. "Das war es", sagt Teßenow mit einer ausladenden Handbewegung.

Sven Guse möchte seine Schwalbe auch wieder in Schuss bringen. Momentan geht er fremd mit einer Suzuki, die den angestammten Platz seines "Babys" im Keller einnimmt.

"Ich mache gerade meinen Motorradführerschein. Doch die Schwalbe werde ich niemals hergeben", versichert er.