Von Susanne Holz

Wohltorf
. Viele Wohltorfer fühlen sich in diesen Tagen etwas verschnupft. Anderen steckt ein Frosch im Hals. An einer Erkältung liegt es nicht. "Wir mussten ziemlich viele Kröten schlucken", sagt Bernd Wyrwinski, Geschäftsführer des Tonteichbad e.V.. Natürlich nur im übertragenen Sinn. Denn einer Kröte hat in Wohltorf niemand etwas zuleide getan - im Gegenteil.

7500 Amphibien wurden im Zuge der Tonteich-Entschlammung eingesammelt und umgesetzt. Sie würden den neuen pH-Wert des Tonteiches nicht überleben, hatten Biologen prophezeit. Verdutzt reiben sich viele aber derzeit die Augen. Sie sehen so viele putzmuntere Tiere wie kaum zuvor. Der Nachwuchs jener Frösche, die den Sammlern entwischt waren, entwickelt sich prächtig. Der neue pH-Wert scheint ihm völlig schnuppe.

War am Ende alles vergebens und kompletter Unsinn?

Jetzt fragen sich viele Beteiligte: Wofür das Ganze? War am Ende alles vergebens? Der Frust ist groß. Geschäftsführer Wyrwinski selbst nennt die Aktion mittlerweile "Nonsens." Die Stimmung ist gekippt und nähert sich dem pH-Wert des Teiches an - sauer!

Das war anfangs anders. Kaum war die Ansage ausgesprochen, rollte in Wohltorf eine beispiellose Hilfswelle an. 30 ehrenamtliche Helfer opferten im Februar und März einen Großteil ihrer Freizeit und sammelten morgens und abends Amphibien ein. "Bei Wind und Wetter, zum Teil drei Stunden am Stück. Die Bereitschaft der Leute war riesengroß", sagt Sören Eggert. Für den 49-jährigen Stammbader des Tonteichs war es eine Ehrensache, bei der Sammelaktion dabei zu sein.

Die machte sogar deutschlandweit Schlagzeilen, war unter den Tierschützern doch auch der "Stern"-Autor Kester Schlenz, der seine Tätigkeit humorvoll so beschreibt: "Sexuell erregte Lurche wühlen sich aus ihren Winterverstecken, wollen im Wohltorfer Teich poppen und dann ablaichen. Dagegen ist eigentlich nichts einzuwenden. Doch das ist in diesem Jahr anders. Die Amphibien dürfen sich nicht paaren. Und ich bin derjenige, der sie daran hindern soll."

Das Ergebnis der Helfer konnte sich sehen lassen. Die Tierschützer sammelten 6000 Erdkröten, 160 Grasfrösche, 1100 Teichmolche und 1 (!) Bergmolch ein.

Das Team des Tonteiches richtete einen täglichen Shuttle-Service ein, transportierte die Tiere sofort zu den Ausgleichsteichen, die die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein in der Wentorfer Lohe hergerichtet hatte. Eine Maßnahme, die allein bei der Gemeinde Wohltorf mit 24 000 Euro zu Buche schlägt.

Jedoch: Die Sammler waren so eifrig und so viele Tiere unterwegs, dass die Ausgleichsteiche schneller voll waren als gedacht. Den Störchen der Region bot sich plötzlich ein leckeres "all-you-can-eat"-Büfett. In der Lohe war Schlemmen angesagt.

Nun galt eine andere Devise. "Wir sollten die Tiere nicht mehr einsammeln, sondern nur noch zählen und sie bestimmen", sagte Eggert. Kein leichtes Unterfangen nachts oder frühmorgens im Schummerlicht einer Stirnlampe. Diese Amphibien wurden nach der Zählung ihrem Schicksal im vermeintlich gefährlichen Tonteich überlassen. Andere Tiere waren schon vorher von der anderen Seite ins Wasser gehüpft. Denn während auf der Seite des Tonteichbades eifrig gesammelt wurde, hatten sie auf der Seite des Tontaubenklubs(TTK) Wohltorf die ganze Zeit "freie Bahn" ins Wasser.

Wenig amüsiert reagierten die Helfer auch, als die Nachricht die Runde machte, dass der pH-Wert in den Lohe-Teichen weit saurer ist, als der Tonteich jemals werden würde. Ein Helfer hatte aus Interesse ein Teststäbchen ins Wasser gehalten.

Die Bilanz der Sammlung fällt unterschiedlich aus

Die Bilanz der Aktion fällt nun unterschiedlich aus. "Möglicherweise ist viel mehr gemacht worden, als nötig gewesen wäre", sagt Wohltorfs Bürgermeister Gerald Dürlich diplomatisch. Er kann den Frust der Helfer, aber auch die Auflagen der Unteren Naturschutzbehörde verstehen. Die möchte sich zum Sachverhalt noch nicht äußern. "Der Abschlussbericht liegt noch nicht vor", sagt Karsten Steffen, Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg. Der Biologe Michael Dembinski vom Planungsbüro für Naturschutz und Landschaftsökologie (Planula) unterstreicht die Sinnhaftigkeit der Maßnahme, die er betreut und begleitet hat. Seiner Ansicht nach hätten künftige Kaulquappen im Tonteich keine Chance, sich in dem sauren Wasser zu entwickeln. "Wir sehen nicht das einzelne Tier, sondern die gesamte Population. Und die ist nur gesichert, wenn der Genpool weitergegeben wird. Das ist in der Lohe nun der Fall." Aus wissenschaftlicher Sicht sicherten schon rund 500 Tiere den Fortbestand. Umgesetzt wurden etwa 7500.

"Wir mussten diese Kröte schlucken, um unser Bad weiter betreiben zu können. In dem hatten wir jüngst etwa drei Kaulquappen weniger als im letzten Jahr. Es ist alles so wie immer", sagt Bernd Wyrwinski. Klasse, aber irgendwie auch ganz schön ärgerlich.