Reinbek
(voe).
Er segelt gern, entspannt beim Lesen über Neuere Geschichte und liebt seinen sechs Monate alten Enkel Jacob. Sein Haus mit dem großen Garten nahe des Mühlenteiches bietet ein idyllisches Refugium. Aber so ganz zurückziehen ins Privatleben will sich Dr. Friedrich-Karl Marcus jedoch nicht. Der langjährige Chef der "Dr. Marcus GmbH", Herstellerin natürlicher Lebensmittelfarben, hält heute noch Vorträge für die Reinbeker Wirtschaftsförderung und ist Vorsitzender von "Wirtschafts-Senioren Beraten." Der 1984 gegründete Verein (

Geboren in Bergedorf, wollte der spätere Reinbeker zunächst Pilot werden. Dann strebte er ein Medizinstudium an. "Nach meinem Abitur am Bergedorfer Hansa-Gymnasium stand mir damals aber der Numerus Clausus im Weg", sagt der heute 66-Jährige. So habe er sich für Pharmazie entschieden. "Dann machte mir mein Vater deutlich, dass er es gern sähe, wenn ich seinen Betrieb übernähme."

Nach der Promotion stieg der Junior 1978 dann auch wirklich in das Geesthachter Unternehmen ein. Das sei nicht ganz konfliktfrei verlaufen. Marcus: "Ich hatte meine eigenen Ideen." Während der Senior eher auf die Produktion von Zusatzstoffen für die Gewürz- und Fleischindustrie setzte, witterte der Junior schon früh einen neuen Markt für Pflanzenextrakte. Er sollte Recht behalten: Nach der Unternehmensübernahme änderte Friedrich-Karl Marcus die Produktpalette und brachte die "Dr. Marcus GmbH" damit zur Expansion. Die Mitarbeiterzahl erhöhte sich von 25 auf über 100, das Unternehmen wurde zum Marktführer, gründete Standorte in Frankreich, Ungarn, Polen, Tschechien, Serbien und Rumänien.

Zweierlei, so Marcus, habe er aus dieser Zeit mitgenommen: "Erstens ist es eine goldene Regel insbesondere für Existenzgründer, auf den Markt zu hören und ihn nicht missionieren zu wollen." Entscheidend sei, was die Verbraucher wollten und nicht, was Produzenten "gut für die Menschheit hielten". Eine gezielte Marktforschung sei sehr viel wert. "Und zweitens müssen mittelständische Familienbetriebe ein bis zwei Jahre die Firmenübernahme vorbereiten", sagt er. Dass gerade bei den Mittelstandsunternehmen die Nachfolge heutzutage entweder nicht gut geregelt sei oder gar nicht stattfinde, bedrohe den gesamten Mittelstand. "Gerade im Handwerk gehen immer weniger Betriebe auf Nachfolger über. Sie verschwinden einfach."

Er appelliert, sich auch in Nachfolgefragen an die Wirtschafts-Senioren zu wenden. Ebenso bei Unternehmensverkäufen. "Wir betreuen Kunden manchmal nur zwei, drei Sitzungen lang, andere wiederum über drei Jahre hinweg." Während grundlegende Beratungen kostenlos seien, müsse für intensive Begleitungen mit beispielsweise der Erstellung von Geschäftsplänen 20 Euro pro Stunde bezahlt werden. "Wir haben schließlich auch Auslagen."

Der Verein leistet rund 500 Beratungen pro Jahr, Marcus selbst ist seit zweieinhalb Jahren dabei. Vorher arbeitete er für "Sensient Food Colors Europe", das amerikanische Unternehmen, in das seine "Dr. Marcus GmbH" 2002 aufging. "Ich wollte keinen Druck auf meine Kinder Kerstin (36) und Lorenz (35) ausüben", erklärt Marcus. "Es war abzusehen, dass sie den Betrieb nicht übernehmen wollten." Der US-Konzern wollte auf Marcus' langjährige Erfahrung keinesfalls verzichten: "Ich sollte in der Zeit des Übergangs zunächst ein, zwei Jahre helfen. Tja, und dann wurden da halt zehn Jahre draus", sagt er.

Derweil versucht der "Ruheständler" sein Kaufverhalten zu ändern: "Anstatt Bücher online zu bestellen, gehe ich jetzt wieder in Buchhandlungen vor Ort." Mittelständische Betriebe unterstützen.