Von Anne Müller

Reinbek.
Wenn Bauamtsleiter Sven Noetzel von seinem Arbeitsplatz spricht, kommt er sofort ins Schwärmen: "Ich halte das Rathaus für ein schlafendes Juwel." Doch um das in Beton gegossene Erbe aus den 70ern optisch wach zu küssen, müsste in Zukunft einiges investiert werden. Die Fenster sind abgängig und die Fassaden könnten gedämmt 50 Prozent Energie einsparen. Auch Barrierefreiheit war vor knapp 50 Jahren noch kein Standard. Um den Verwaltungsbau auf moderne Anforderungen zu trimmen, müssten nach einer groben Planung neun Millionen Euro investiert werden. "Das ist eine vage fiktive Zahl", relativiert Noetzel. Denn nicht alles sei wirklich notwendig und der bauliche Zustand das Hauses grundsätzlich solide. Das Haus hat einen "superflexiblen Baukörper", fügt er hinzu. Ein Neubau, so der Bauexperte, wäre etwa 50 Prozent teurer.

Abriss und Neubau stehen nicht zur Debatte

Der ist politisch derzeit auch nicht durchsetzbar, ergab eine Umfrage unter den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung. Auch wenn sich der Chef der CDU-Fraktion, Hans Helmut Enk, grundsätzlich ein Rathaus in Reinbeks Mitte, also mehr im Norden Richtung Holzvogtland, vorstellen könnte: "Einen Neubau können wir aus finanzieller Sicht nicht ins Auge fassen." Unterbringungen für Flüchtlinge, der Feuerwehrneubau und die Sanierung der Gemeinschaftsschule seien dringendere Aufgaben. "Deshalb müssen wir in Bröckchen je nach Finanzen sanieren", sagt Enk pragmatisch. Als Mitglied der Lenkungsgruppe im Mittelzentrum Reinbek-Wentorf-Glinde hat Reinbeks Erster Stadtrat auch die Zukunft im Blick: "Reinbek steuert 30 000 Einwohner an und braucht schon aus Bürgernähe ein eigenes Rathaus." Aber künftig müsse im Mittelzentrum über die gemeinsame Gestaltung von Ämtern nachgedacht werden. Zum Beispiel ein Vollbauamt in Reinbek. Es mache keinen Sinn, dass Glinder nach Bad Oldesloe zur Unteren Bauaufsicht fahren müssten.

Bei allen Mittelzentrumsvisionen ist Auch Volker Müller (SPD) sicher, dass es künftig drei Verwaltungsstandorte geben wird. Für die Schlossstadt sollte der auf jeden Fall in Alt-Reinbek bleiben: "Sonst ist das Zentrum total tot." Ein Neubau stehe nicht zur Diskussion: "Wir haben Wichtigeres zu entscheiden." Zum Beispiel die Sanierung der Gemeinschaftsschule. Hier könnte sich die SPD schon eher einen Neubau im Holzvogtland vorstellen. Doch zurück zum Rathaus. Bei ihm plädiert auch Müller für eine intelligente Sanierung in Scheibchen.

Auch Forum 21 sieht dringendere Aufgaben auf die Stadt zukommen. Bis mit einem Stadtentwicklungskonzept politische Weichen für Wohnungsbau und Gewerbeentwicklung gestellt sind, müsse das Rathaus erst einmal weiter vor sich hinbröckeln. "Es gibt größere Debatten, die wir führen müssen", meint auch Günther Herder-Alpen. Die Substanz des Hauses ist gut, eine angemessene Sanierung besser als alle anderen Ideen. Denen steht die FDP noch offen gegenüber. "Wir werden sie ganz entspannt abwägen", sagt Uwe Rasch.