Von Susanne Holz

Reinbek.
Es ist ein ganz besonderer Kindergarten, der vor wenigen Tagen in Neuschönningstedt aufgemacht hat. Idyllisch auf einem 40 Jahre alten Walnussbaum gelegen, mal in Nachbars Kirschbaum bietet er viel Platz zum Spielen und Späßchen machen. Die kleinen Gäste haben von den oberen Ästen aus die beste Aussicht über die Nachbarschaft, die ganz entzückt ist über den Nachwuchs, der in Reinbeks Norden groß und stark werden will. Im Gegensatz zu einer normalen Kita sind die "Kinder" jedoch nachtaktiv, handelt es sich doch um vier Eulen-Babys.

Die sitzen eng aneinandergekuschelt auf den Zweigen und sind zwischen dem Laub nur mit aufmerksamem Auge zu erkennen. Wer länger hinschaut, sieht, wie sich die Jungtiere putzen, mit den Füßchen wackeln oder einfach herzhaft gähnen - Kita macht ganz schön müde.

Damit die Tiere ungestört aufwachsen können, möchten die Gartenbesitzer nicht mit aufs Bild für die Zeitung und auch ihren Namen nicht nennen. Sie ahnen, dass vier Eulenbabys auf einen Schlag einen kleinen Pilgerstrom in den eigenen Garten auslösen könnten. Nur die Nachbarstochter Tessa Bichtemann (21) durfte die kauzigen Untermieter ins Visier nehmen. Mit einer Super-Zoom-Kamera gelangen der Hobby-Fotografin einmalige Fotos aus der Kinderstube. "Es war bei dem Wind nicht so leicht, einen Moment zu erwischen, in dem sie nicht von Blättern verdeckt waren", sagt sie.

Nächtelang hatte sich das Ehepaar gefragt, woher die piepsenden Geräusche kommen, die sie hörten. Dann entdeckten sie die Tiere zuerst in Nachbarsgarten, später im eigenen Walnussbaum. Anhand einer Vogelstimmen-CD und mit Fachliteratur identifizierten sie die Federknäuel als den Nachwuchs der Waldohreule. Ihre besonderen Merkmale: die orangefarbenen Augen und die langen Federohren, die beim Fliegen angelegt werden können. Die Eltern brüten ihre Eier gern in verlassenen Krähen- oder Elsternnestern aus, rund 28 Tage. Durchschnittlich 20 Tage hockt der Nachwuchs dann im Nest, wird danach noch fünf bis sechs Wochen von den Eltern aufs Leben vorbereitet. Zu 80 Prozent ernähren sich die Tiere von Feldmäusen. Das, was von ihnen übrig bleibt, haben Nachbarn als sogenanntes Gewölle schon im Garten gefunden.

"Waldohreulen sind in Schleswig-Holstein nicht selten in der Nähe von Häusern und Siedlungen anzutreffen", sagt Ingo Ludwichowski, Geschäftsführer des Nabu-Landesverbandes. Die Jungvögel bleiben häufig zusammen und werden noch drei bis vier Wochen von den Altvögeln gefüttert, bis sie sich ein eigenes Revier suchen müssen.

In Neuschönningstedt wird man das Aufwachsen der Eulen-Babys weiter verfolgen.