Von Anne Müller

Reinbek.
Das Schreckgespenst eines Bürgerentscheids zur Gewerbegebietserweiterung hat die Stadtverordneten in die Knie gezwungen. Eine Mehrheit aus CDU, SPD, FDP und dem parteilosen Klaus-Peter Puls revidierte am Donnerstagabend nach Bürgerprotesten die Bauleitplanung westlich Schönningstedt. Nun darf der Papiergroßhändler Michaelis hier sein Hochregallager auf unbestimmte Zeit nicht bauen, denn die Protestler wollen kein Gebäude, das höher als 14 Meter ist. Die Politik hatte zuletzt 25 Meter akzeptiert. Für Erweiterungspläne zweier weiterer Betriebe im nördlichen Bereich der ursprünglich vorgesehenen Gewerbe-Erweiterung will die Politik dagegen im September die Weichen neu stellen.

Gespräche zwischen Bürgerinitiative und Investor unter Moderation von Bürgermeister Björn Warmer waren im Vorfeld gescheitert. "Ein derartiges Werk gehört an die Autobahn fernab von Wohnbebauung", so die Initiative.

Heinrich Dierking (Forum 21) und Volker Müller (SPD) kritisierten, dass Vertreter der Politik zu den Gesprächen nicht eingeladen waren. "Wir werden als SPD noch einmal einen Anlauf nehmen, mit Michaelis zu sprechen", kündigte Müller an. Er sprang Dierking zur Seite, der immer wieder ein Modell von Michaelis eingefordert habe, das die Pläne visualisiert. "Auf das warten wir immer noch", bedauerte Müller.

Denn der "Turmbau" von Michaelis sorgte bereits vor zwei Jahren für Überraschungen im Bauausschuss. Damals hatte Anke Wiener (Grüne) den Brocken zum Vorschein gebracht: "Wie sind denn eigentlich die Firsthöhen in dem Vorentwurf des Bebauungsplanes westlich Schönningstedt Nr. 96A?", wollte sie wissen. 35 Meter hatte der Planer mit Blick auf die Wünsche von Michaelis vorgesehen. Das überstieg die maximalen Höhen im Gewerbegebiet von 18,5 Metern gewaltig.

Angesichts von "Manhattan" im benachbarten Gewerbegebiet formierte sich schließlich die Bürgerinitiative Schönningstedt. Sie hat zuletzt 2743 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen das Hochregallager eingereicht. Die Zulässigkeit wird noch in Kiel geprüft und droht nun - nach Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses - ins Leere zu laufen.

Kalkül der Politik bringt Bürger in Rage

Dieses Kalkül der Politik brachte Mitglieder der Initiative in der Fragestunde in Rage: "Die Rücknahme des Aufstellungsbeschlusses von 2011 bewirkt, dass das Bürgerbegehren komplett ins Leere läuft. Mit diesem Verhalten entziehen sie den Bürgern ihre demokratischen Rechte und treten diese mit Füßen", kritisierte Sprecher Reinald Rohde. Hintergrund: Die Bürgerinitiative wollte erreichen, dass die Stadtverordneten das Begehren übernehmen und damit die Planung für mindesten zwei Jahre sperren. Sie unterstellten der Politik nun, dass die Pläne im September wieder aufgerollt werden.

Als Wirtschaftsverhinderer wollten sie sich nicht sehen: "Wir sind nur betroffene Bürger, die diesen Wahnsinn, der dort entstehen soll, nicht mittragen wollen." Rückhalt fanden sie bei der Fraktion der Grünen. Günther Herder-Alpen kritisierte: "Bürger, die lediglich begehren, eine drohende Fehlplanung vom Wähler direkt entscheiden zu lassen, werden erneut ausgebootet."

"Wir haben die Interessen aller Reinbeker zu vertreten", setzte unter anderem Diethard Joppich (FDP) der Kritik entgegen. "Die Stadt ist dafür bekannt, dass sie viele soziale Projekte, Schulen und Kitas erhält. Wir sind darauf angewiesen, dass das bezahlt wird", sagte er im Hinblick auf den möglichen Verlust eines Gewerbesteuerzahlers, wenn dessen Pläne nicht realisiert werden. "Die Unternehmen sind heute schneller weg, als man denkt. Wir müssen abwägen, dass für unsere Stadt kein Schaden entsteht."

Forum 21 war einen Schritt mutiger und beantragte, die Bauleitplanung fortzusetzen. In der Überzeugung, dass bei einem Bürgerentscheid die Mehrheit aller Reinbeker den Argumenten der Schönningstedter nicht folgen werde.