Von Susanne Holz

Aumühle.
Eine "Räumungsklage gegen das Augustinum" ließ die Münchner Unternehmensgruppe, die in ganz Deutschland 23 Seniorenstifte betreibt, Ende Mai in die Schlagzeilen geraten. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt, wie berichtet, wegen Verdachts auf Betrug und Korruption bei Immobilengeschäften der Gruppe. Diese hatte zwischen 2010 und 2013 elf ihrer 23 Seniorenstifte an eine kleine Immobilienfirma in Norddeutschland verkauft und gleich wieder angemietet. Ein Deal, bei dem der Aufsichtsratschef, der damalige Geschäftsführer und der Käufer ihre eigenen Taschen nach derzeitigem Kenntnisstand gefüllt haben sollen.

Die Nachricht war ein Paukenschlag und hatte auch im betroffenen Augustinum Aumühle unter den 160 Bewohnern für Aufsehen gesorgt.

"Jetzt bewegen wir uns wieder in ruhigeren Bahnen. Zudem haben wir von Anfang an kommuniziert, dass kein Bewohner um seinen Alterswohnsitz bangen muss. Es wird auch keine einzige Stelle kosten", sagt Unternehmenssprecher Mathias Steiner bei einem Redaktionsbesuch. Man müsse die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten, mit der Eröffnung des Prozesses rechnet Steiner für diesen Herbst.

Mehr als anderthalb Jahre werden die Ermittlungen dann gedauert haben. Denn bereits Anfang 2014 hatte die gemeinnützige GmbH selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, nachdem ein anonymer Brief kriminelle Machenschaften angedeutet und den Stein ins Rollen gebracht hatte. Den gesamten Deal zu verstehen, ist weder für das Unternehmen noch für die Staatsanwaltschaft einfach. Handelt es sich doch um ein ausgeklügeltes Geflecht aus Briefkastenfirmen in der Schweiz und Deutschland, Schmiergelderzahlungen, Bestechungen und Veruntreuungen. "Die Staatsanwaltschaft hat mehrere Meter Akten beschlagnahmt und bei uns haben sich mehrere Fachanwälte mit dem Thema beschäftigt und Wochen gebraucht, um das, was passiert ist, ansatzweise zu durchschauen", sagt Steiner.

Allein mit dem, was er bislang weiß, könne man Bücher füllen. Die Kriminalität, die die eigenen Chefs dem Augenschein nach an den Tag gelegt hatten, erschreckten ihn und seine Kollegen noch heute.

Die Drahtzieher hatten die besagten Seniorenstifte an eine kleine Immobilienfirma aus Norddeutschland verkauft - wie sich nun herausstellt, unter Wert. Der Käufer hatte jedoch nur 25 000 Euro Eigenkapital. Kein Problem: Die gGmbH gewährte dem Käufer Darlehen in Höhe von 728 Millionen Euro. Anschließend mietete sie die Häuser selbst wieder an. "So ein Sale-and-rent-back-Geschäft ist nicht unüblich und wenn es ordnungsgemäß gelaufen wäre, wäre es eine gute Sache gewesen", sagt Unternehmenssprecher Steiner. Denn für Instandhaltung der Gebäude wäre nicht mehr der Betreiber sondern der neue Eigentümer verantwortlich. Langfristig spare das Geld und Ärger.

Erst als der Unternehmensspitze dämmerte, dass es hierbei keinesfalls mit rechten Dingen zugegangen war, stoppten sie den Deal. Zudem wurden Mietzahlungen eingefroren - die Räumungsklage vor dem Landgericht Lübeck ist die Antwort des Eigentümers darauf. Nun hofft die gGmbH, das ganze rückabwickeln zu können. "Das wird uns auch gelingen", sagt Mathias Steiner zuversichtlich.

Was das Unternehmen besonders erschüttert: Der mittlerweile verstorbene Aufsichtsratschef hatte jahrelang in einer Vertrauensposition als Rechtsanwalt für die Firma gearbeitet "und sich nichts zuschulden kommen lassen", sagt Steiner. Erst jetzt habe man erfahren, dass er bereits zuvor wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt worden sei.

Wie die "Schwäbische Zeitung" berichtet, sei der Aufsichtsratschef ein viel geachteter Mann gewesen, der unter anderem im Gesellschafterbeirat des Medienhauses Schwäbischer Verlag GmbH &Co. KG gesessen hatte. Was keiner wusste: Er soll da schon pleite gewesen sein. Im Insolvenzverfahren seiner Witwe wird deutlich, dass auf der Gläubigerliste nicht nur das Augustinum steht. Insgesamt fordern 20 Gläubiger rund 350 Millionen Euro.

Die Augustinum Gmbh will interne Strukturen verändern, um kriminellen Machenschaften einen Riegel vorzuschieben. Steiner: "Es bleibt die Frage: Wem kann man noch vertrauen, wenn einen selbst der eigene Anwalt ausnimmt?"