Von Susanne Holz

Reinbek
. Stadtvertreter Lothar Weise (FDP) zieht sich mit einem Paukenschlag aus der ersten Reihe der Politik zurück. Seine Ämter in der Stadtverordnetenversammlung und den Ausschüssen legt er nach neun Jahren nieder. Der FDP-Vizefraktionsvorsitzende führt dafür nicht die berühmten "persönlichen Gründe" an, er begründet den Schritt mit frustrierenden politischen Umständen.

"Immer wieder kam ich von Ausschusssitzungen nach Hause und habe mich noch bis zwei Uhr nachts darüber geärgert, wie die Diskussionen verlaufen sind. Das tue ich mir nicht mehr an", sagt der 65-Jährige. Oftmals sei es nicht um die Sache, sondern darum gegangen, die eigenen Interessen durchzusetzen und persönlich im guten Licht dazustehen. "Kein Wunder, dass die Bürger irgendwann keine Lust mehr haben, wählen zu gehen oder sich wählen zu lassen."

Frust auf ganzer Linie in der Reinbeker Politik? Bürgervorsteher Ernst-Dieter Lohmann (CDU) mag das so nicht unterschreiben. "Es gibt zwar zuweilen ideologische Grabenkämpfe. Die stehen aber meistens hinten an, weil es um die Sache geht", so Lohmann. Wenn man sich die Abstimmungsergebnisse in der Stadtvertretung anschaue, sehe man, dass die meisten Beschlüsse einstimmig fallen. "Und wenn mal zwei, drei Stimmen anders abstimmen, ist das auch in Ordnung", so der CDU-Mann.

SPD-Chef Volker Müller attestiert der Politik derzeit sogar ein kommunikatives Hoch. "Ich habe gerade jetzt das Gefühl, dass wir gut miteinander umgehen, im Gespräch sind. Jeder bemüht sich, einen Kompromiss zu finden", sagt er. Mit Bürgermeister Björn Warmer (SPD) sei ein neuer Stil ins Rathaus eingezogen.

Das ist auch den anderen Parteien positiv aufgefallen. "Die letzten Wochen haben gezeigt, dass wir gut zusammenarbeiten", sagt Heinrich Dierking, Fraktionsvorsitzender von Forum 21.

Als Beispiele führt er den Wettbewerb für das neue Feuerwehrhaus an, die Zusammenarbeit in Sachen "Bebauung Schröders Koppel" und die Erweiterung des Einkaufszentrums in Schönningstedt. Auch die Tatsache, dass man sich jetzt für das Wohnbauflächenprogramm zusammensetze, sei ein gutes Zeichen.

"Ich bin motiviert dabei", sagt Grünen-Chef Günther Herder-Alpen über sich selbst. Und er habe das Gefühl, dass es auch den anderen Stadtverordneten gerade so gehe. "Früher haben wir kaum miteinander gesprochen. Jetzt ist das ganz anders. Derzeit sitzen wir alle 14 Tage beim Bürgermeister zusammen, tauschen uns aus. Wir sind pausenlos miteinander im Gespräch", so Herder-Alpen. Jetzt komme es einfach darauf an, was man daraus macht.

Dass Bürgermeister Warmer regelmäßig alle zusammen an einen Tisch hole, sei eine Chance, die die Politik nutzen sollte. "In den Treffen tauscht man schneller und deutlicher Argumente aus", hat Volker Müller festgestellt. Dass man dabei aneinander gerate und sich miteinander hart auseinandersetze, liege in der Natur der Sache, sagt Herder-Alpen.

"Den Frust von Lothar Weise kann ich nachvollziehen", sagt hingegen FDP-Fraktionschef Uwe Rasch. Schlechte Stimmung liege oft an einzelnen Personen und die werde man wohl nicht mehr ändern. "Sind ja alle über 50", scherzt Rasch. Als Nachfolgerin in der Stadtverordnetenversammlung wird Gabriele Ix gehandelt, in den Bauausschuss soll Jari Grünig einziehen.

Bürgervorsteher Ernst-Dieter Lohmann schätzt die Diskussionen: "Wenn sich alle immer einig wären, wäre das ein langweiliger Einheitsbrei."