Von Thomas Schütt

Reinbek.
"Klar, er meint den Tod." Die Gestalt auf dem Acrylgemälde ist nicht wirklich gegenständlich, doch die knöchernen Hände, das verwaschene Antlitz mit der schnabelartigen Nase, lassen nur diesen Schluss zu. Die junge Frau beugt sich noch kurz über das Inhaltsverzeichnis der Galerie im Reinbeker Schloss. "Er kommt bestimmt", lautet der Titel des Bildes.

Etwa 60 Besucher kamen auf Einladung des Kulturzentrums Reinbek am Sonntagmorgen ins Schloss, um sich anlässlich des 80. Geburtstages des Reinbeker Malers Günther Helm 49 seiner zum Teil verstörenden Gemälde anzuschauen.

"Einblicke-Ausblicke" ist ein schlichter aber zutreffender Titel für diese Ausstellung. Günther Helm gewährt "Einblicke" in seine Seele, denn: "Malen ist für mich wie Meditation, wie Yoga. Ich verarbeite meinen Schmerz, meine Eindrücke mit der Malerei. Sie ist wichtig für mein Seelenheil." Seine "Ausblicke" sind düster, gnadenlos wie die Gattung Mensch. "Die Katastrophe ist unausweichlich." Und es werde nicht mehr lange dauern, fügt er hinzu.

Das Gemälde "Laboratorium" thematisiert Umweltzerstörung, Naturausbeutung, so wie die meisten seiner Kunstwerke. "Wir verwursten alles, nehmen nur. Doch wir geben der Natur kaum etwas zurück", sagt der Mann mit den wachen, klugen Augen, der 32 Jahre beim Hamburger Naturschutzamt arbeitete, die Vogelschutzwarte leitete und sage und schreibe 134 Länder dieser Erde bereiste. "Günther Helm reißt uns mit seiner Kunst aus unserer Lethargie des Wohlseins", sagte der ehemalige Leiter des Kulturzentrums, Bernd M. Kraske, in seiner Eröffnungsrede.

Helms Werke sind so niederschmetternd wie inspirierend, die Farben grell, schreiend. Der "Schamane" ist verwirbelt mit Tierkörpern, mit Tiergesichtern. Aus dem Kopf wächst ein Adler. Der menschliche Mund hat einen bitteren Zug. Leer wirkt der Blick. "Jeden Tag sterben mehrere Arten aus. Im Pazifik gibt es einen Strudel aus Plastik, so groß wie Europa." Er spricht von einem Buch, das er gelesen hat. "Darin hieß es, um diesen Planeten zu retten, müsste man den Kapitalismus verbieten. Aber das funktioniert ja nicht." Hat er denn eine Idee, eine Lösung? "Ich habe aufgehört, darüber nachzudenken. Es gibt einfach zu viele Krisen, zu viel Zerstörung."

Angefangen hat Günther Helm mit der Malerei schon "auf Kindesbeinen". Es folgte von 1958 bis 1962 ein Studium an der Hamburger Hochschule für bildende Künste. Der Künstler, der zwei Töchter (50 und 49 Jahre alt) hat, wandte sich von Öl auf Leinwand ab und der Acrylmalerei zu. "Es macht zwar viel mehr Dreck, aber kostet nicht so viel", sagt er und lacht. Denn von der Kunst leben konnte er nie. "Das können nur wenige Stars."

"Einblicke-Ausblicke" ist zu sehen bis zum 30. August, mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr.