Reinbek
(kb).
Anton Mazurek ist am 28. Mai 1943 geboren und nur dreieinhalb Jahre alt geworden. Zu wem er gehörte, woran er so früh starb, ist nicht bekannt. Er ist gemeinsam mit elf Frauen und 24 Männern auf dem Gräberfeld für "polnische und russische Kriegsgefangene und Zivilisten" bestattet.

Antons Grabfliese mit Namen, Geburts- und Sterbedatum war zerbrochen. Genauso wie vier weitere der schlichten, hartgebrannten Keramikfliesen in stilisierter Kreuzform. Sie hatten Mitte der 1950er Jahre die zunächst verwendeten Birkenkreuze ersetzt.

Defekte Grabtafeln sind nichts für Anngret Habel, Leiterin der kirchlichen Friedhöfe in Reinbek. Sie sann nach Abhilfe. Die 30 mal 30 Zentimeter großen Kreuze wurden gestern ersetzt. Doch dafür galt es einiges zu bewegen. "Wir haben die Firma, die vor 60 Jahren die Kreuze herstellte, ausfindig gemacht. Aber sie verwenden die Technik der Hohlkeramik nicht mehr", berichtet Annegret Habel. Durch Zufall habe sie an der Kirche in Bergstedt ähnliche, allerdings Hochzeitsgedenkfliesen, entdeckt und sogar einen Hinweis auf die Firma gefunden. "Ehepaar Kuretzky, das sich mit Leib und Seele besonderen Keramiken verschrieben hat, hat unsere zerbrochenen Keramikkreuze analysiert und das Material gefunden. Dann gab es die Schrift nicht mehr und Hans Kuretzky hat eine Schrift aus seiner Sammlung so verändert, dass sie aussieht wie unsere alte. Es ist einfach toll", berichtet die Friedhofschefin begeistert.

Dann kam der Preis von knapp 200 Euro pro Kreuz und sie hatte wieder Glück. Die Gemeinde Reinbek-Mitte sammelte die Kollekte am Ewigkeitssonntag 2014 für den Friedhof. 320 Euro waren ein guter Start. Doch parallel fragte Annegret Habel auch im Innenministerium in Kiel nach, ob es nicht Fördermittel geben würde. "Das Referat 36, zuständig für Glückspielwesen, Datenschutz- und Vereinsrecht, hat die Übernahme der kompletten Kosten zugesagt", freut sie sich. Neben dem kleinen Anton haben auch Bronislawa Odamiak (52), Muezyslaw Klos (26), Jan Majewicz (28) und Walerian Szybalski (36) neue Erinnerungstafeln bekommen. Zwei weitere sind in Auftrag gegeben worden und sollen bis zum Volkstrauertag geliefert werden. "Dass die alten 60 Jahre gehalten haben, ist toll. Die neuen sollen ebenso lange an die Kriegsgefangenen erinnern, die hier ihr Leben ließen", sagt Annegret Habel. Das haben Hans und Heidrun Kuretzky versichert. Die 320 Euro aus der Kollekte sollen in eine neue Thuja-Hecke zu den angrenzenden Soldatengräbern fließen.

Das fünf mal 25 Meter große Gräberfeld auf dem Friedhof an der Klosterbergenstraße ist 1945 angelegt worden. Es soll Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die zwischen 1940 und 1948 in Reinbek und Umgebung gestorben sind, ein ehrendes Andenken geben.