Von Susanne Tamm

Wohltorf.
Möhren interessieren ihn nicht die Bohne. Damit Thor Baffle seine Ohren spitzt, muss schon eine Stute vorbeistolzieren - und zack dreht der Hengst seine Ohren aufmerksam nach vorn. "Der alte Herr deckt seit seinem dritten Lebensjahr, der versteht sein Geschäft", sagt Claudia Clausnitzer stolz. Dafür braucht er sich auch nicht mit Attrappen herumzuschlagen wie einige seiner Kollegen. "Dieses Jahr hat er schon drei Fohlen gezeugt", erzählt die Züchterin. Immerhin ist er schon 28 Jahre alt.

Einer seiner Nachkommen springt in Wohltorf auf dem Platz herum: Tewdwr (sprich Tudor) Baptiste ist ein Pinto-Fohlen und ein kleiner "Wippsteert". Voller Lebensfreude hüpft er hinter seiner Mutter Abigail hinterher. Doch wenn Claudia Clausnitzer ihn vorführt, ist er lammfromm und steht brav an ihrer Seite. Erstaunlich ruhig für seine sechs Wochen.

Eigentlich könnten sich die Züchterin und ihr Baffle beide dieses Jahr das Silberkrönchen aufsetzen. Vor 25 Jahren kaufte sie den schönen Welsh-Cob-Hengst vor allem wegen seiner ausdrucksstarken Bewegungen. Die heute 48-Jährige, die hauptberuflich als Schadensreguliererin bei einer Versicherung arbeitet, wurde schon als Zehnjährige mit dem Pferdevirus infiziert. "Ich bin in der ostholsteinischen Schweiz zwischen zwei großen Trakehner-Gestüten aufgewachsen", erzählt sie. Ihren Baffle hat sie als Zweijährigen gekauft und selbst ausgebildet. Er entpuppte sich als Glücksgriff.

"Er ist nicht nur in der Dressur bis Klasse M erfolgreich gewesen, sondern auch im Kader für das Vielseitigkeitsreiten und hat schon eine Sichtung fürs Bundeschampionat der Springponys gewonnen. Ungewöhnlich für seine Rasse Welsh-Cob und für einen Hengst", lobt Clausnitzer den heute preisgekrönten Elitehengst. Denn abgesehen von dem sportlichen Erfolg hat er vor allem zuverlässig prämierte Fohlen gezeugt. Unzählige Nachkommen - Baffle ist schon Urururgroßvater - sind bis nach Österreich und in die Schweiz verbreitet. Die Welsh-Ponys und Pintos tragen den walisischen Vornamen Tewdwr, quasi ein Qualitätssiegel, das im Stammbuch für Clausnitzers Zucht geschützt ist. Neben dem reinen Takt und dem Schwung in den Bewegungen zeichnet sie vor allem durch Charakterfestigkeit auch gegenüber Kindern und Leichtrittigkeit aus.

Das verdanken die Tiere auch Claudia Clausnitzers Ausbildung. "Sie werden quasi in meine Hände geboren und sind von Beginn an Menschen und Kinder gewöhnt", erzählt die 48-Jährige, die sich mittlerweile auch international als Zuchtrichterin einen Namen gemacht hat. So lassen heute auch Kollegen ihre Ponys von ihr ausbilden. Sie erzieht mit Geduld und Konsequenz. Dies lernen auch die "Jungzüchter", die sie im ganzen Land betreut und fortbildet bei ihr. Ab sechs Jahre können sie reiten und vor allem den Umgang mit und ein umfassendes Wissen über das Pferd lernen. So erleben sie außer viel Spaß unter anderem auch, wie sie sich dem Tier gegenüber durchsetzen - auch ohne Möhren.