Von Anne Müller

Wentorf.
Seine ersten Bilder von Eritrea waren von Palmen umsäumte Boulevards und prächtige Villen aus der italienischen Kolonialzeit. Vor zehn Jahren fuhr Dr. Ulf Bauer das erste Mal vom internationalen Flughafen durch die pulsierende Hauptstadt Asmara. Schnell wurde dem Wentorfer allerdings bewusst, dass er nach 13 Stunden Reisezeit in Afrika gelandet war. Er war schließlich nicht als Tourist gekommen, sondern als Arzt. Der Zufall führte ihn in das Land, das ihn bis heute in den Bann zieht. "Kommst Du mit?", hatte ihn ein Kollege gefragt, der damals über das "Hammer Forum" Not leidenden Kindern in Afrika half. "Ich war begeistert, etwas tun zu können", erinnert er sich.

Das ostafrikanische Land, das nach mehr als 20 Jahren Unabhängigkeit immer noch durch den ungelösten Grenzkonflikt mit Äthiopien bestimmt wird, zog ihn in den Bann: "Die Eritreer und ihre Freude am Leben, trotz Armut, haben mich begeistert." Inzwischen hilft der Facharzt für Chirurgie, Hand- und Unfallchirurgie, das Gesundheitssystem weiter auszubauen. Gerade gestern war der 74-Jährige in Berlin, für einen Besuch in der Botschaft. Seit 1993 ist Eritrea von Äthiopien unabhängig, noch bis heute gibt es eine Übergangsregierung. Bis in die höchsten Kreise wirbt Bauer für seine Mission. Er unterstützt unter anderem die 2006 gründete Orotto School of Medicine, die in einer deutsch-eritreischen Partnerschaft Fachärzte in Gynäkologie, Chirurgie und Kinderheilkunde ausbildet. Finanziert wird die Initiative durch Spenden in Kooperation mit dem Verein "Human-Plus" und Zeit, die Fachärzte zur Verfügung stellen.

Die Schule, für die er jetzt unter anderem als Koordinator Lehrkräfte vermittelt, ist an dem Krankenhaus angesiedelt, in dem er vor zehn Jahren mit Ärzteteams erstmals selbst im OP stand, um Kinder mit Brandverletzungen zu operieren. "Weil es in vielen Regionen keine Elektrizität gibt, nutzen die Menschen Kocher mit Brennstoff. Häufig fallen sie um und verursachen schwerste Verbrennungen - vor allem bei Kindern." Fünf Jahre, zweimal im Jahr, jeweils 14 Tage verbrachte der Handchirurg, der in einer Hamburger Gemeinschaftspraxis arbeitet, seinen Urlaub im Orotto-Hospital.

Ausbildung als Schlüssel zu nachhaltiger Entwicklungshilfe

2011 reichte es ihm nicht mehr aus. "Ich fing immer wieder da an, wo ich aufgehört hatte und war unzufrieden mit dieser Art der Hilfe." Er erkannte: "Es gibt zwar in der Hauptstadt ein einigermaßen funktionierendes Gesundheitswesen. Aber es fehlen gut ausgebildete Fachärzte, besonders Anästhesisten und Gynäkologen." Er war überzeugt: Aus- und Weiterbildung könnte der Schlüssel für ein funktionierendes Gesundheitssystem werden. Dafür entwickelte der Handchirurg das Projekt "For Eritrea, Medical Support an Partnership", für das er seitdem Schritt für Schritt hoch qualifizierte Fachkollegen gewinnt, die in Eritrea vor Ort ausbilden. "Ab 2016 wollen wir regelmäßig Professoren runterschicken, wenn es die finanziellen Möglichkeiten zulassen. Gleichzeitig geben die Projekte jungen Menschen eine Perspektive, denn knapp 43 Prozent der 6,3 Millionen Eritreer sind unter 14 Jahre alt.

"Wir sind schließlich nicht gekommen, um zu bleiben", sagt Dr. Bauer. "Mit einem deutsch-eritreischen Kernteam wollen wir einen sinnvollen Beitrag leisten, damit Eritrea in einigen Jahren nicht mehr auf unsere Hilfe angewiesen ist." Inzwischen trägt sein Engagement Früchte. Die ersten Mediziner haben in Eritrea promoviert. Und wenn er nicht mehr gebraucht wird? "Wenn ich das geschafft habe, gehe ich als Tourist hin."

Spendenkonto: Human Plus e.V. "For Eritrea", Deutsche Bank Mönchengladbach, IBAN DE 44 3107 0024 0619 6190 01 BIC/Swift-Code DEUTDEDB310, Betreff: For Eritrea