Aumühle (amü). Noch überwiegt der Bettelinstinkt. Wenn der kleine Specht Benny Kittendorf sieht, weiß er, es gibt Futter. “Dann fliegt er mich an und bleibt an mir haften“, sagt der Ersatzpapa. Das soll aber nicht so bleiben, denn langsam bereitet er zwei Jungspechte auf die Wildnis vor.

Aumühle (amü). Noch überwiegt der Bettelinstinkt. Wenn der kleine Specht Benny Kittendorf sieht, weiß er, es gibt Futter. "Dann fliegt er mich an und bleibt an mir haften", sagt der Ersatzpapa. Das soll aber nicht so bleiben, denn langsam bereitet er zwei Jungspechte auf die Wildnis vor.
Wie ihre natürlichen Eltern zeigt er ihnen, wo sie Futter finden und was alles auf dem Speiseplan steht. "Dafür verstecke ich zum Beispiel Insekten unter einer Baumrinde, die er finden muss", erklärt er eine Übung in der Fressschule.

Dass die beiden überhaupt soweit gekommen sind, haben sie der Aumühlerin Karin Schröder zu verdanken. Beim Waldspaziergang hörte sie plötzlich ein fürchterliches Kreischen. Am Rande des Trampelpfades in der Nähe der Ernst-Anton-Straße fand sie zwei von fünf Spechtküken, die noch am Leben waren. "Ein Harvester hatte eine Schneise der Verwüstung hinterlassen und beim Ausforsten auch den Baum mit der Nisthöhle der Spechtjungen abgeholzt", sagt die 44-Jährige. "Ich bin nach Hause gelaufen und habe eine Wärmflasche fertig gemacht, Heu von unserem Kaninchen geholt und stundenlang herumtelefoniert", beschreibt sie die Hilfsaktion, bei der auch ihre drei Jungs (8, 11 und 14 Jahre alt) mitgeholfen haben. "Noch im Wohnzimmer haben die Jungspechte fürchterlich geschrien. Ich wusste nicht, dass so kleine Vögel solche Geräusche machen können." Am Abend hat sie die beiden federlosen Knäuel nach Norderstedt gefahren.

Bei Benny Kittendorf, ehrenamtlicher Nabu-Tierschützer, haben sich die beiden prächtig erholt und bereiten dem Naturschützer kurze Nächte: "Pünktlich um 4.30 Uhr werde ich vom Hämmern geweckt." Der ältere der beiden Vögel zieht sogar schon seine Runden durchs Haus. Der zweite hat sich auch bereits aus der Nisthöhle in der zimmerhohen Voliere gewagt, aus der der Nymphensittich des Familienvaters ausziehen musste. In einem Blumentopf, der mit einem Tuch abgedeckt ist, und ausschließlich mit Insekten aus dem Garten gefüttert, haben sie die ersten Tage überstanden.

Der Tierliebhaber hat den gefiederten Untermietern bewusst keine Namen gegeben. "Sie heißen nur Specht 1 und Specht 2, sonst fällt der Abschied noch schwerer, denn die Tiere müssen in die Natur", sagt Kittendorf. Auch für seinen siebenjährigen Sohn sei das dann einfacher. Abschied nehmen heißt es vermutlich schon in wenigen Tagen. Dann können die beiden im Sachsenwald ihre Runden drehen und sich ein Revier erobern. Ohne den Einsatz von Karin Schröder wären sie erfroren und verhungert, ist Kittendorf sicher.