Von Susanne Holz

Wentorf
. Vorreiter zu sein, ist gar nicht so einfach. Entweder erntet man bundesweit Lob, Anerkennung und wohlwollendes Schulterklopfen - oder man fällt schlimmstenfalls unter den Augen aller über dicke Stolpersteine, Spötteleien inklusive. Die Straßenbaubeitragssatzung mit wiederkehrenden Beiträgen, die Wentorf derzeit berät, hat Potenzial. Würde die Gemeinde die Idee erfolgreich umsetzen, wäre sie damit eine der ersten in ganz Deutschland. Doch einfach wäre diese Umsetzung nicht. Das machte Professor Dr. Marcus Arndt jetzt im Liegenschaftsausschuss der Gemeinde deutlich. Denn das, was auf den ersten Blick einleuchtend klingt, hat es auf den zweiten Blick oft in sich.

Die Grundidee hat viele Symphatisanten. Bislang werden die Kosten für konkrete Straßenausbaumaßnahmen auf die Anlieger umgelegt. Auf den Einzelnen kommen damit oft immense Kosten zu. Angedacht ist jetzt, alle Grundstückseigentümer in der Gemeinde regelmäßig zur Kasse zu bitten und das Geld für die jeweils anstehenden Baumaßnahmen einzusetzen. Der Anteil - festgelegt entweder für ein oder beispielsweise fünf Jahre - wäre für jeden Eigentümer überschaubar.

Ein Problem: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat seine Zustimmung zu dieser Lösung im Juli 2014 an eine Bedingung geknüpft. Rechtmäßig ist solch eine Regelung nur, wenn die Baumaßnahme für jeden, der zahlt, einen direkten Vorteil bringt. Was aber nützt es einem Wentorfer, der im Süden der Gemeinde wohnt, wenn im Norden eine Anliegerstraße ohne öffentlichen Durchgangsverkehr saniert wird?

Das BVerfG fordert deshalb, dass sinnvolle Abrechnungsgebiete gebildet werden. "In Wentorf hängt irgendwie alles mit allem zusammen. Ich würde vorschlagen, Wentorf fürs erste als ein Abrechnungsgebiet ins Rennen zu schicken. Ob 12 000 Einwohner in einem Abrechnungsgebiet akzeptiert würden, vermag ich aber auch nicht zu sagen", sagt Professor Dr. Marcus Arndt.

Auch der Fixbetrag, den die Bürger beispielsweise bei der Fünf-Jahres-Regelung zahlen müssten, muss absolut wasserdicht gerechnet sein. "Ist die Summe falsch kalkuliert, fliegt einem die ganze Satzung, das gesamte System bei einer juristischen Prüfung um die Ohren", weiß der Jurist.

Zudem weist er darauf hin, dass sich mit den wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen langfristig auch die Anspruchshaltung der Bürger ändern könnte. Denn jeder, der sowieso zahlen muss, wird nun auch seine eigene Straße plötzlich mit anderen Augen sehen. Hören die Politiker und die Gemeinde bei der derzeitigen Regelung oft: "Unsere Straße geht noch, da muss nichts gemacht werden", könnte es bald heißen: "Warum wird jetzt diese Straße saniert und unsere nicht?"

Auch die Gemeinde würde schnell in Zugzwang kommen. Denn auch sie muss zu jeder Baumaßnahme ihren finanziellen Teil beitragen. Kann sie sich das leisten?

Diese und viele weitere Fragen werden jetzt in den Fraktionen weiter diskutiert.