Reinbek
(lr).
Aus Bernd Kraske sprechen seine Ahnen. Zumindest wenn man den Völkern Papua-Neuguineas glaubt. Sobald der Geschäftsführer des Museums Rade beim Erzählen die Hand auf den bunt bemalten Ahnenstuhl in der Südsee-Abteilung des Hauses legt, dann - so der Glaube der Papuas - überträgt sich die Weisheit der Verstorbenen aus dem Jenseits auf den Lebenden.

Ob er selbst daran glaubt, lässt Kraske offen. Dass er die Kultur der bis zu 1000 verschiedenen Volksgruppen des drittgrößten Inselstaats der Welt schätzt, daran lässt er keine Zweifel. Begeistert kann er jetzt - vier Jahre nach einem Wasserschaden im Anbau - die Südsee-Abteilung des Museums neu eröffnen.

Sobald man über die Treppe in das Untergeschoss hinuntergeht, vorbei an der Landschaftsmalerei norddeutscher Künstler, landet man mit nur einem Schritt direkt in Papua-Neuguinea. Der Großteil der hier ausgestellten Exponate stammt aus dem Inselstaat nördlich von Australien im Pazifik. Hierhin reiste Museumsgründer Rolf Italiaander Anfang der 1970er-Jahre - eine Zeit, in der Papua-Neuguinea noch nicht unabhängig war.

"Nachdem der gering bevölkerte Inselstaat durch die Niederländer, das Deutsche Reich und Großbritannien kolonialisiert worden war, zählte er nach dem Zweiten Weltkrieg zu Australien", sagt Kraske. Erst 1972 stimmte die Bevölkerung für die Unabhängigkeit, die volle Souveränität erhielt der Staat im Jahr 1975. "Seitdem erlebt das Land den technischen Fortschritt im Eiltempo."

Rolf Italiaander jedoch erlebte die Papuas kurz vor dem politischen Umschwung noch nahezu ursprünglich. Entlang des Sepik-Flusses reiste er durch den Dschungel und traf dort auf Menschen und ihre Kultur, die es heute so nicht mehr gibt. "Damals brauchten die Menschen nicht mehr als die Kleidung, die sie trugen, und ihr Werkzeug. Besitztum war ihnen fremd", sagt Kraske.

Eine große Rolle spielt bei den Völkern der Insel die Verehrung des Altehrwürdigen. So blicken einen beim Eintreten in die Südseeausstellung zunächst Fratzen an. Freundlich, fröhlich, aber auch aggressiv oder gar hässlich. "Das ist ihre Art, den Verstorbenen einen Platz zu geben", sagt Kraske. Während wir unsere Verstorbenen begraben und damit einen Ort schaffen, an dem wir trauern und uns an sie erinnern können, müssen die Papuas seit jeher anders mit einem Verlust umgehen. Aufgrund der unglaublichen Hitze, der hohen Luftfeuchtigkeit und der mangelnden Hygiene müssen Leichen dort schnellstmöglich verbrannt werden. "Der Tote ist also nicht mehr da und wird folglich in Gegenstände geschnitzt und gemalt." Man stelle die Ahnen nicht naturalistisch, sondern in Form von Fratzen dar. "Damit bekommen die Ahnen eine andere Qualität, sie sind weiser und höher gestellt als die Lebenden."

Dennoch seien die Masken nicht als Kunst zu verstehen, sondern als handwerkliche Arbeiten mit ästhetischem Anspruch. "Es sind vorrangig Gebrauchsgegenstände, wie Teller, Hocker, Schüsseln, Hauspfähle und Schilde. Alle Stücke wurden benutzt, bevor Rolf Italiaander sie nach Reinbek brachte." Wie selbstverständlich tätschelt Kraske also, während er belesen von der Kultur Papua-Neuguineas erzählt, immer wieder den Ahnenstuhl. Vielleicht, um einen Hauch Südsee nach Reinbek zu holen.