Von Louisa Rascher

Reinbek.
Die in gelbe Warnwesten gekleideten Kontrolleure am Eingang, der geforderte Blick in die Tasche und das aufgeregte Tuscheln in der Aula zeigen, was für eine Strahlkraft ein ehemaliges Staatsoberhaupt haben kann. Insbesondere wenn es Christian Wulff heißt. Der Bundespräsident außer Dienst referierte auf Einladung von Klinikgeschäftsführer Lothar Obst am Donnerstag im St. Adolf-Stift über Integration.

Um dem in vergangener Zeit viel gescholtenen Christdemokraten einen würdigen Auftritt zu bereiten, hat Lothar Obst offenbar fleißig die Geschichtsbücher gewälzt. Wie die Randbemerkungen anderer preußischer Herrscher zeige auch die berühmte Aussage Friedrichs des Großen "Die Religionen müssen alle toleriert werden und muss der Fiskal nur das Auge darauf haben, dass keine der anderen Abbruch tue, daher muss ein jeder nach seiner Fasson selig werden" von 1740, dass man es mit der Integration nicht mit einem neuen Thema zu tun habe. "Deutschland war damals Vorreiter in Europa", folgerte Obst in der Aula der Pflegeschule.

Christian Wulff spielte den Ball in seiner Rede zurück und betonte, dass Deutschland auch heute ein Beispiel für gelungene Integration sei. Die Gewalt zwischen muslimischen Sunniten, Schiiten und Aleviten erinnere an die Gewalt zwischen Katholiken und Protestanten im Dreißigjährigen Krieg. Die Konsequenz daraus seien hier schon früh Aufklärung und Religionsfreiheit gewesen.

"Der alltägliche Umgang fördert die Integration"

Eine Aussage, die den Zeitgeist angesichts der Pegida-Märsche wohl nicht ganz zu treffen vermag. "Offensichtlich fördert der alltägliche Umgang mit Ausländern die Integration. Denn in Baden-Württemberg, wo jeder Vierte ausländische Wurzeln hat, gibt es kaum Probleme." Hier sei die Integration besser gelungen als in Sachsen, wo kaum Ausländer lebten und dennoch die meisten auf die Straßen gingen, sagte Wulff.

Doch Zuwanderer und Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen den Respekt entgegenzubringen, den man selbst von ihnen erwarte, sei nicht nur human, sondern auch schlicht notwendig: "Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung kann der Arbeitskräftemangel auch nicht behoben werden, wenn alle Frauen, alle Arbeitslosen und alle Menschen bis 70 Jahre arbeiten würden." Deutschland brauche deshalb Signale des Aufeinanderzugehens. Ein gutes Beispiel dafür sei das außerordentliche bürgerliche Engagement auf kommunaler Ebene, sagte Wulff und erntete dafür Applaus.

Auf den Punkt brachte es der 55-Jährige mit einer Aussage, für die man weder Geschichtsbücher gewälzt noch politisch sonderlich belesen sein musste: "Gäbe es in unserem Land keine Namen wie Sami, Miroslav, Mesut und Jérôme. Sprich: Hätten wir keine Zuwanderung, hätten wir bei der WM vergangenes Jahr nicht einmal die Vorrunde überstanden."