Reinbek
(lr).
Wenn Rino Häusler die E-Gitarre spielt, geht es für ihn um weit mehr, als nur Musik zu machen. "Es entspannt mich. Ich bin konzentriert und vergesse dabei alles andere", sagt er. Rino Häusler ist einer von vielen Patienten, die im "tatwerk" an der Halskestraße in Reinbek arbeiten. In der Einrichtung lernen psychisch erkrankte Menschen, wieder dauerhaft zurück in ein eigenverantwortliches Leben zu finden.

Bildungsbegleiterin Martina Klischat hat vor einem halben Jahr ein neues Projekt ins Leben gerufen: Das "tatwerk" hat eine Band. Denn bis dahin hat Rino Häusler noch nie ein Instrument gespielt. Mittlerweile können er, Bassist Artur Seic und Schlagzeuger Anthony Dubber routiniert aktuelle Rocksongs spielen.

Was nach außen hin locker und leicht wirkt, hat einen ernsten Hintergrund. Meist erleben die Betroffenen schwere Schicksale, sind traumatisiert oder werden krank, weil sie zu viel gearbeitet haben. "Plötzlich brechen psychische Krankheiten hervor", sagt Frank Peters vom Sozialen Dienst. "Das kann eine Depression, Schizophrenie oder eine Psychose sein. Nachdem sie mehrere Monate eine medizinische Reha in einer Klinik gemacht haben und danach noch arbeitsunfähig sind, sind wir eine der nächsten Anlaufstellen." Im "tatwerk" werden die Menschen von Pädagogen aufgefangen, arbeiten etwa in der Holz- oder Fahrradwerkstatt.

Dann hat Martina Klischat spontan eine Gitarre mitgebracht - und stieß damit auf großes Interesse. Also regte sie spontan eine Zusammenarbeit mit der Musikschule Glinde an. Seitdem kommt Musiklehrer Oliver Schmidt einmal die Woche für zwei Stunden ins "tatwerk" und übt mit seinen Schülern. "Weil viele von ihnen noch kein Instrument gelernt haben, fange ich bei Null an", sagt Schmidt. "Wichtig ist auch, dass wir mit einfachen Liedern starten. Die Schüler sollen nicht verzweifeln, sondern Erfolgserlebnisse haben." Gemeinsam zu musizieren, vereint viele Sozialkompetenzen, die die Patienten im "tatwerk" neu erlernen müssen, um im Berufsleben starten zu können.

"Beim Musizieren gibt der Takt Struktur vor, gleichzeitig müssen die Musiker aufeinander achten und hören, sich aber auch durchsetzen können. Vor allem lernen sie, nicht zu verzagen, wenn es mal hakt, sondern weiter zu üben", sagt Martina Klischat. Immer mehr Patienten im "tatwerk" seien neugierig und würden schon heimlich an den Instrumenten üben. Jetzt fehlt nur noch ein Bandname.