SPD-Ortsverein feiert auch mit Ex-Genossen Jubiläum

Der Vorsitzende der Wentorfer SPD, Wolfgang Warmer, konnte rundum zufrieden sein. Zur Jubiläumsfeier des 111. Bestehens seines Ortsvereins in der Alten Schule gab es ein Lob von Nina Scheer, SPD-Mitglied im Bundestag, sowie Landtagsmitglied Martin Habersaat. Scheer zeigte sich beeindruckt: "Die Wentorfer Jusos freuen sich über drei Neuzugänge: Alexander Becker, Lucas Siemers und Eduard Verkhovskyy." So viele junge Neuzugänge auf einen Schlag stimme optimistisch. Habersaat machte mit Stolz darauf aufmerksam, dass keine Wentorfer Partei älter sei. Und Warmer konnte auf das frisch gebackene Fraktionsmitglied Corinna Göhl verweisen. Die 35-jährige Vertriebsmitarbeiterin möchte jetzt mit viel Engagement frischen Wind in die Wentorfer Politik bringen.

Knapp 30 Gäste feierten mit ihnen den Geburtstag des heute 60 Mitglieder starken Ortsvereins. Von den Zeiten, wie in den 70er-Jahren, als die SPD Wentorf 126 Genossen zählte, können sie allerdings nur noch träumen. Die ehemals kämpferische Arbeiterpartei habe heute wie alle Parteien Schwierigkeiten, die Leute zu begeistern, räumte Warmer ein. "Die Menschen heute wollen schnelle Ergebnisse. Politik ist aber kompliziert."

Doch auch nach 111 Jahren sind die Genossen streitbar geblieben. Das zeigt das Beispiel des ehemaligen Kreistagsabgeordneten und pensionierten Volkswirts Ernst Niemeier. Er trat wegen der Agenda-Politik 2004 nach 37 Jahren aus der SPD aus.

Auf Schröders Agenda-Politik folgten Austritte

Auch Wolfgang Blandow war unter den Gästen und ist kein Genosse mehr. "Ich bin 2002 nach 30 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD ausgetreten", sagte er, bevor er über die Gründung des Ortsvereins referierte. "Ich konnte die Agenda-Politik von Gerhard Schröder nicht mittragen. Wer auf Hartz IV angewiesen ist, dem geht es nicht gut!", betonte Blandow. Einst war er wegen Willy Brandt und seiner Ostpolitik Sozialdemokrat geworden.

Und während der Wentorfer über die Gründung des Ortsvereins 1904 im Lokal der Witwe Gedemann (heute Café Meyer) berichtete, aus der Wilhelm Reins bei 30 Mitgliedern als erster Wentorfer Vorsitzender der SPD hervorging, merkte man ihm an, dass er sich eine rebellischere SPD wünscht.

So erinnerte er an den Vorsitzenden Hans Rubach, der 1912 Arbeiterräte in Wentorf gegründet hatte und mit diesen Häuser von wohlhabenden Familien nach Lebensmitteln durchsuchen ließ. Die Reichen Wentorfs wollten damals nichts abgeben, obwohl sie dazu laut Reichsverordnung verpflichtet waren.

Bei den jungen Menschen indes scheint die SPD nicht mehr mit Bundes-, sondern mit der Lokalpolitik zu punkten. "Ich bin in die SPD eingetreten, weil sie die einzige Partei war, die uns bei der Gründung eines Kinder- und Jugendbeirates von Anfang an und vorbehaltlos unterstützt hat", sagt Neumitglied Siemers. Der 18-Jährige ist jetzt Vorsitzender des Kinder- und Jugendbeirates. Ähnlich begründete Alexander Becker seinen Parteieintritt: "Ich finde es gut, dass die SPD ein Kinderfest auf die Beine stellt", so der 14-Jährige.

Seine Fraktion, so Warmer, werde sich in Zukunft jedoch noch viel mehr Gedanken über ein Problem machen, das nicht ein klassisch-sozialdemokratisches sei. Warmer: "Die Haushaltskonsolidierung macht uns Sorgen. Zumal wir wissen, dass dem Bund, dem Land und dem Kreis auch nicht wirklich mehr Geld zur Verfügung steht als uns."