200. Geburtstag: Stiftung beleuchtet das Erbe des Staatsmannes international

Historiker denken meist in anderen zeitlichen Dimensionen. Seit mehr als zwei Jahren bereiten sich Professor Dr. Ulrich Lappenküper und seine Mitarbeiter auf diesen Geburtstag vor. Am 1. April wäre Otto von Bismarck 200 Jahre alt. Die gleichnamige Stiftung hat aus diesem Anlass rund 30 aufwendige Veranstaltungen um den zugleich verehrten wie verteufelten Staatsmann organisiert. Der Kalender steht schon lange fest. Umso überraschter ist der Geschäftsführer der Otto-von-Bismarck-Stiftung darüber, dass er jetzt noch so viele kurzfristige Anfragen für Vorträge, Interviews und Podiumsdiskussionen erhält. "Das zeigt, dass Bismarck uns heute noch viel zu sagen hat", sagt Lappenküper.

Bewusst vermeidet Lappenküper jedoch das Wort "Jubiläum", wenn er über den 200. Geburtstag von Bismarck spricht. "Wir nehmen dieses Datum zum Anlass, um Bismarcks politisches Wirken und sein Leben weiter zu analysieren und zur Diskussion anzuregen - nicht um ihn zu feiern. Denn er war ein höchst widersprüchlicher Mensch." Es sei deshalb nicht möglich, Bismarck nur in einem Vortrag oder einer Ausstellung zu begreifen. Aufgeteilt in die Themen "Familie", "Politik" und "Mythos" gibt es drei Ausstellungen an drei verschiedenen Orten.

Dem "Mythos" widmet sich das Bismarck-Museum in Friedrichsruh. "Hier hat er bis ins hohe Alter gelebt und viele Bewunderer empfangen", erklärt Lappenküper. Das Thema "Familie" behandelt die Ausstellung der Stiftungsaußenstelle in Schönhausen, Bismarcks Geburtsort. Das politische Wirken sowie das berühmte "Kissinger Diktat" zur Balkankrise von 1877 und zur Position Deutschlands in Europa behandelt das Bismarck-Museum in Bad Kissingen in Bayern. Beispiel dafür, welche Strahlkraft der Reichskanzler noch 117 Jahre nach seinem Tod hat, sind die ihm ebenfalls gewidmeten Ausstellungen in London, Paris und Sankt Petersburg.

Höhepunkt des Programms ist am 1. April der zentrale Festakt im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums in Berlin. Unter den bis zu 600 Gästen ist auch Bundespräsident Joachim Gauck geladen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll die Festrede halten.

Ganz ungezwungen und gar nicht staatsmännisch soll dagegen das Familienfest einen Tag später in Friedrichsruh sein. Neben Kinderschminken und einem Bücherflohmarkt erwartet die Besucher von 14 Uhr an eine Lesung aus Bismarck-Anekdoten und die Erstausgabe der Sonderbriefmarke mit dem Porträt Bismarcks.

Vier Tage später, am 6. April, lädt die Stiftung ins Reinbeker Schloss zu einem Konzert. "Es gibt Unterlagen, denen zufolge Bismarck von einem Konzert im Schloss Friedrichsruh als hochbetagter Mann sehr angetan war", sagt Ulrich Lappenküper. Bismarck und sein Verhältnis zur Musik sowie eine Erzählung über das Bismarckdenkmal in Hamburg sollen den Besuchern beim Konzert den Mythos um den "Eisernen Kanzler" lebendig machen. Neben Johannes Brahms' Ungarischen Tänzen spielen die Musiker auf Klavier und Violine Beethovens Sonate G-Dur.

Noch bis September wird es Vorträge und Lesungen über Otto von Bismarck in Friedrichsruh, Hamburg, Berlin, London, Sofia, Sankt Petersburg und Paris geben.

Einige davon wird Ulrich Lappenküper selbst halten oder vor Ort dabei sein. "Dafür halte ich mich insbesondere jetzt auf dem aktuellen Stand der Forschung", sagt der Historiker. "Dabei gilt immer, Bismarck heute aus der Sichtweise seiner Zeit zu begreifen und darzustellen. Wir wollen in 200 Jahren ja auch gerecht bewertet werden."