Unterbringung: Reinbek und Wentorf suchen händeringend nach guten Lösungen für die Menschen

Bisher hat Torsten Christ sich nur wenig für Statistiken interessiert. Mittlerweile bangt der Sozialamtsleiter jeden Monat um die neuen Zahlen der Schleswig-Holstein zugewiesenen Flüchtlinge. 7,7 Prozent von ihnen verteilt der Kreis auf die Kommunen. Gerechnet anhand der Bevölkerungszahl muss Reinbek 11,3 Prozent von Stormarns Flüchtlingen ein Heim geben. Dieser enorme Zulauf führt zu drastischen Maßnahmen, wie der Unterbringung einer albanischen Familie - Eltern und ihre drei Kinder - in einem umgebauten Sitzungssaal des Rathauses.

Für sie ist jetzt jedoch eine neue, sehr viel bessere Lösung gefunden: die gelbe Villa an der Hamburger Straße. Sie ist im Besitz der Katholischen Wohltätigkeitsanstalt zur heiligen Elisabeth (KWA) und stand zuletzt leer. "Sollten keine größeren Renovierungsarbeiten anstehen, können sie schon in wenigen Wochen einziehen", sagt Christ. Insgesamt 20 Bewohner können dort Platz finden. "Das gibt uns zwei Monate Vorlaufzeit, bis wir die nächsten Flüchtlinge unterbringen müssen", sagt Christ.

170 sollen in diesem Jahr kommen - verlassen will Christ sich darauf aber nicht. "Es können von jetzt auf gleich wesentlich mehr werden", sagt er. "Wir können leider nur gerade so viel leisten, wie notwendig ist", sagt Bürgermeister Björn Warmer im Hinblick auf die für 1,9 Millionen Euro geplanten Mobilheime in Neuschönningstedt, die frühestens im September bezugsfertig sein können.

Zumindest in der Betreuung der in Not geratenen Menschen kann der Bürgermeister Positives berichten. Im Auftrag der Stadt ist Helena Gatzke (31), Erziehungswissenschaftlerin, Soziologin und Sozialpädagogin, von jetzt an Vermittlerin zwischen den Betreuern der Flüchtlinge und den Kreisämtern. Angestellt ist sie beim Landesverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) und bringt eine ganz besondere Zusatzqualifikation mit. "Ich bin 2001 selbst aus Russland eingewandert und kenne die Schwierigkeiten, die auf Flüchtlinge hier zukommen", sagt Gatzke, die neben der Halbtagsstelle noch ihren Master in Erziehungswissenschaften macht.

Sie ist auch die neue Ansprechpartnerin für Marina Umlauff, ehemals Leiterin der Grundschule Mühlenredder, die circa 40 Flüchtlingen regelmäßig Sprachunterricht gibt. "Ich erlebe mit den Flüchtlingen etwas, das einem als Lehrer manchmal fehlt: Motivation unter den Schülern", sagt sie und lacht. Unterrichtet werden die Flüchtlinge im großen Sitzungssaal des Reinbeker Rathauses - dort, wo die Stadtverordneten abends über ihren weiteren Verbleib entscheiden.

In Wentorf sollen Flüchtlinge in der Schule wohnen

Auch in Wentorf steht das Thema Flüchtlingsunterkünfte aktuell auf der Tagesordnung. Der Finanzausschuss der Gemeinde empfiehlt, die Menschen in der zum Teil leer stehenden Fritz-Specht-Schule unterzubringen. "Wir haben dort neun 60 Quadratmeter große Klassenräume, in denen jeweils bis zu sechs Flüchtlinge leben können", so Bürgermeister Matthias Heidelberg. Dass gleichzeitig noch Gymnasiasten die naturwissenschaftlichen Räume nutzen, sieht er nicht als Problem. "Das sind alles vernünftige junge Leute, die sich sehr gut mit der Situation arrangieren werden", so Heidelberg. Er geht davon aus, dass er Wohnraum für 100 Menschen finden muss. Stimmt die Gemeindevertretung zu, müssten noch Möbel für sie gekauft werden.