Eilentscheidung für Unterbringung

Bis jetzt hat Torsten Christ es geschafft, alle zugewiesenen Flüchtlinge in der Stadt unterzubringen. Doch nun muss der Leiter des Amtes für Bürgerangelegenheiten zu drastischen Lösungen greifen. Weil die Notunterkünfte belegt und auch keine Wohnungen verfügbar sind, müssen Flüchtlinge ab kommender Woche ins Rathaus einziehen. Für eine fünfköpfige Familie aus Albanien, die am Dienstag erwartet wird, werden zwei Räume zu einer provisorischen Wohnung mit Küche und Bad umgebaut. "Das soll keine Dauerlösung sein", sagt Christ. "Aber wir stehen derzeit vor Flüchtlingsbewegungen vor allem aus den Balkanländern, mit denen noch vor vier Wochen niemand gerechnet hat."

Mindestens 170 Flüchtlinge müssen untergebracht werden

Mit der Familie aus Albanien leben dann 121 Flüchtlinge und Asylbewerber in der Stadt. Für 130 (16 sind bereits untergebracht) sollte Christ nach alten Prognosen in diesem Jahr Wohnraum finden. "Doch diese Schätzungen sind längst überholt", fürchtet Christ, der mindestens mit 170 rechnet. Realistisch sei sogar die Zahl 260, aber die traue sich derzeit niemand auszusprechen.

Die Politik kann mit dieser Dynamik nicht mehr mithalten. Mit der Fertigstellung der ersten geplanten neuen Flüchtlingsheime, für die knapp zwei Millionen Euro im Haushalt 2015 zur Verfügung stehen, rechne er frühestens im September. Bis dahin müssen aber Menschen untergebracht werden.

Deshalb habe er jetzt mit Bürgermeister Björn Warmer Eillösungen besprochen. Auf städtischen Flächen müssen kurzfristig Wohncontainer aufgestellt werden. Über die Standorte werde der Bürgermeister in Kürze informieren.

Zur Rathausunterbringung hat Christ schon einmal gegriffen. 1991 fanden im Verwaltungsgebäude neun Menschen Unterschlupf.

Auch die Initiative "Willkommen in Reinbek", in der sich inzwischen 80 Reinbeker ehrenamtlich engagieren, will bei der Wohnungssuche helfen. "Wir haben vor zwei Tagen erfahren, dass schnell etwas passieren muss, und versuchen, über private Kontakte Vermieter aufzutun. Schließlich können wir die Menschen nicht im Regen stehen lassen oder in Zelten unterbringen", sagt Bernhild Ziehm von der Gruppe "Begleitung". Wie jeder Flüchtling werde auch die Familie aus Albanien mit einem Lebensmittelpaket begrüßt. "In diesem Fall vielleicht auch mit Spielzeug für die Kinder", so Ziehm. Paten bieten dazu Orientierung in der neuen Umgebung.