Projekt Catering: Lebenshilfewerk bewirtet Kinder und schafft Arbeit für Menschen mit Behinderungen

Die Arbeit mit Kindern mache ihr besonders viel Spaß, sagt Martina Stirl (47). So kommt es schon häufiger vor, dass Schüler bei der freundlichen Küchenhilfe um Nachschlag bitten. Zusammen mit Bettina Godau (49) steht die Geesthachterin in der Spülküche der Grundschule Wentorf und nimmt jeden Tag bis zu 230 Tabletts mit leeren Tellern entgegen.

Dass sie seit zwei Jahren von 8.30 bis 15.30 Uhr in einer öffentlichen Einrichtung arbeiten, ist für die beiden nicht selbstverständlich. Vorher haben die Frauen in den Werkstätten für Behinderte in Geesthacht gearbeitet. Die Chance, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, gibt ihnen das Lebenshilfewerk Kreis Herzogtum Lauenburg gGmbH, die das Projekt Gemeinschaftsverpflegung/Catering ins Leben gerufen hat. Unter der Leitung von Karl-Heinz Schultz bewirtschaftet das Lebenshilfewerk sechs Mensen im Kreis Herzogtum Lauenburg mit 17 festen Mitarbeitern und 35 Beschäftigten mit Behinderungen. Auch die Reinbeker Grundschule Mühlenredder wird aus der Küche beliefert, die Sascha Wiegmann fest im Griff hat.

Der Koch, der schon im Ramada-Hotel und im Bildungszentrum Nord der Telekom Mitarbeiter und Hotelgäste bekocht hat, bringt täglich 750 bis 800 Essen frisch auf den Tisch der Mensen. Auch gestern begann sein kulinarischer Arbeitstag am Wohltorfer Weg um 7 Uhr. Zehn Kilo Seehechtfilets, 50 Kilo Gemüse, 70 Kilo Kartoffeln und 80 Liter Soßen sowie 320 Gemüseschnitzel warteten darauf, für den aktuellen Speiseplan verarbeitet zu werden. Was nicht in Wentorf für 3,40 Euro pro Essen auf den Tisch kommt, wird in Wärmeboxen an Kindergärten, Offene Ganztagsschulen und auch drei Werkstätten geliefert. Unterstützt wird Wiegmann in der Küche des Kinderzentrums von zwei festen Mitarbeitern, der Serviceleiterin Medea Szymaniak (37) und dem Koch André Dieckmann (38).

Salat, Soßen oder Aufläufe werden in der Küche frisch zubereitet. Geschälte Kartoffeln, geputztes Gemüse und auch die Gemüsefrikadellen lieferte gestern die Firma Transgourmet frisch an. Bei der Logistik hilft inzwischen der Computer. "Ich habe ein Programm, das genau ermittelt, wie viele Lebensmittel gebraucht werden", sagt Wiegmann. Alle acht Wochen ändert sich der Speiseplan. Dabei fließen die Wünsche der Schüler mit ein, so der Küchenchef. Mehr als die Hälfte der Schüler aus dem Kinderzentrum essen mittags, was hier auf den Tisch kommt. "Hey Koch, das schmeckt gut", ist das schönste Lob für Wiegmanns Crew. "Es kommt aber auch schon mal vor, dass ich höre: ,Das kocht meine Mama besser.'" Und einige Menüs sind auch bereits wieder vom Speisenplan gestrichen. "Couscous, Kohlrouladen oder Nasi Goreng gehen gar nicht", zitiert Andre Dieckmann die schwarze Liste der Kinder. Dafür bilden sich riesige Schlangen vor der Essenausgabe, wenn es Curry-Wurst-Pommes oder Pizza gibt. "Natürlich immer mit Salat und Obst im Angebot", beruhigt Medea Szymaniak ernährungsbewusste Eltern. Wiegmann sorgt auch dafür, dass die Kinder Kräuter oder Gemüse wie Brokkoli kennenlernen. "Manche Kindern wissen von Zuhause nicht, was das ist", musste er feststellen.

Und auch gestern drapierte er frische Petersilie auf den Tresen, der sich um 12 Uhr öffnete. Und dann gibt es kein Halten mehr, wenn die Kinder temperamentvoll die Tische erstürmen.