Kita: Erzieher plädieren dafür, Kinder Kinder sein zu lassen - Fantasie und Sozialverhalten werden so geschult

Sie lernen nicht nur ihre eigene Muttersprache, sondern auch Englisch und Chinesisch. Auf dem Stundenplan stehen naturwissenschaftliche Experimente und Mathematik. Das Lernen eines Instruments gehört ebenso zum Tagesablauf wie Gesangsunterricht, Bewegungstanz, Ballett, Karate und Reiten. Wer sich bei so viel Programm entspannen möchte, kann Fische in einem großen Aquarium beobachten, einen Saunagang einlegen und anschließend eine Runde im großen Pool drehen. Dies ist nicht das Programm eines Wellnesshotels für Manager, sondern das Angebot einer Berliner Kita.

Bei solchen Konzepten reiben sich die Leiter und Erzieher der Reinbeker Kitas verdutzt die Augen. Auch sie wollen Kinder fördern und bestmöglich auf ihrem Lebensweg begleiten. Dennoch heißt ihr Motto: Nichts ist wichtiger für Kinder als das freie Spiel. Statt den Jüngsten jeden Tag ein Programm zu bieten, das jedem Ferienclub alle Ehre machen würde, setzen sie darauf, dass die Kinder am meisten lernen, wenn man sie einfach mal in Ruhe spielen lässt.

"Es schult die Sozialkompetenz, wenn sich die Kinder mit anderen austauschen, sich in einer Gruppe einfügen müssen, erste Freunde finden und selbst entscheiden dürfen, was sie gerade spielen möchten", sagt Maren Brungsbach, Leiterin der Kita Neuschönningstedt. Genau wie ihre Kollegen Birte Rehmeyer (Kita Schönningstedt) und Martin Gurtmann (DRK-Kita Schmiedesberg) hat sie beobachtet: "Das Spielen kommt zu Hause mittlerweile zu kurz". Aufgrund von Fernsehen und Computer wüssten viele Kinder gar nicht mehr, wie man sich selbst beschäftigt. Zudem wichtig: "Kinder müssen sich auch mal langweilen dürfen", sagt Birte Rehmeyer.

Nicht selten reagieren Eltern jedoch verunsichert, wenn sie hören, dass ihre Kinder einen ganzen Tag lang "nur" gespielt haben. "Viele möchten gern am Ende eines Tages etwas Handfestes präsentiert bekommen", hat Martin Gurtmann beobachtet. Verständnis hat er dafür schon. Denn auf die Frage "Was habt ihr heute Schönes gemacht?" können Zweijährige nur begrenzt antworten. Zudem merken alle, dass Mütter und Väter für ihr eigenes Kind nur das Beste wollen, und bei der Anmeldung im Kindergarten auch schon den erfolgreichen Schulabschluss im Kopf haben. "Die Pisa-Studie hat Eltern verunsichert, das merken wir", sagt Birte Rehmeyer. Dass Kinder auch mit ebenso wertvollen Erfahrungen und Erfolgen nach Hause gehen und bestens für die Schule vorbereitet sind, wenn sie nicht jeden Tag unter Anleitung getöpfert, gebastelt und gekocht haben, möchten die Erzieher den Müttern und Vätern gern vermitteln.

Vortrag für Eltern zum Thema "freies Spielen"

Die Kindertagesstätten aus Schönningstedt, Neuschönningstedt und Ohe haben sich nun zusammengetan und haben für Mittwoch, 21. Januar, 19.30 Uhr, den Diplom-Sportlehrer Torsten Heuer ins Reinbeker Rathaus eingeladen. Er wird darüber berichten, wie wichtig das freie Spielen für Kinder ist, wie variantenreich und kreativ es ist. Hierzu sind alle Reinbeker Eltern (Eintritt: 3 Euro) eingeladen. Das Ziel: Informierte Eltern, die wissen, wie wichtig das Spielen ist.