Figurentheater: Reinbeker bereitet Ausstellung im Schloss vor, die an erfolgreiche Puppenbühne erinnert

Sie heißen Glau, Gleezer oder schlicht Karl. Mit einer Fliegenklatsche holten die großnasigen Wesen Flugzeuge vom Himmel oder sie drehten wortlos brennende Kerzen durch einen Fleischwolf. Die Handpuppen und Masken waren in den 1970er- und 80er-Jahren Stars der fantastischen Welt des Puppentheaters "Rhabarber". Für das "Stormarner Figuren-Theater-Festival" werden die damaligen Helden jetzt von einem ihrer Väter, dem Reinbeker Holger Sajuntz, neu in Szene gesetzt. Verstaut in Koffern haben sie in einem alten Bahnhofsgebäude die Zeit überdauert. Nun werden sie vom 15. Februar bis 6. April begleitend zum Festival im Schloss ausgestellt.

Die skurrilen Stücke wurden mit Preisen ausgezeichnet

Die Handpuppen begeisterten einst das erwachsene Publikum im Malersaal des Schauspielhauses und wurden vom NDR gefilmt. Erfolge feierten die Hamburger nicht nur auf eigener Bühne in Altona von 1969 bis 1982. Bei einem ihrer ersten öffentlichen Auftritte gewannen sie 1970 den ersten Preis des Bochumer Puppenspielwettbewerbes. Holger und Sigrid Sajuntz erinnern sich gern an die Zeit, in der sie mit dem Lehrer Bernd Hof und dem Filmemacher Franz Winzentsen experimentierten. "Wir haben gemeinsam an Ideen für Handlung, Bühnenbild, Requisiten und Ton gearbeitet." Ausgangspunkt für die Inszenierung war immer die fertige Figur. "Wir machten Stücke für unsere Hauptdarsteller und nicht umgekehrt", so Sajuntz. Die Vorbereitung hat bis zu eineinhalb Jahre gedauert. Technik, Licht und Geräusche waren wichtig für die stimmungsvolle, surreale Atmosphäre, in der die Wesen mit der Tücke der Objekte aus der Menschenwelt kämpften. Dabei wurde der Zweck der Alltagsgegenstände völlig entfremdet.

"Die Aufführungen waren einmalig und sind so nicht mehr zu reproduzieren", sagt Sajuntz. Aber die Protagonisten aus den unbekannten Welten umgibt auch weit von der Bühne noch eine fantastische Magie. Der Lithograf und ehemalige Leiter einer Reinbeker Druckerei hat für die mehr als 20 Puppen eigene Kulissen entworfen. Die Grundbestandteile sind Holzkisten, erworben von einem Gemüsehändler und zahlreiche Requisiten. Denn der 74-Jährige ist nicht nur Kulturfan, sondern auch Sammler. Holz, Muscheln oder Treibgut von Strandspaziergängen, Sajuntz hat Kisten voller Fundstücke im Keller gestapelt und greift auch gern auf Deko-Gegenstände zurück. "Ich habe schon gemerkt, dass einiges daraus fehlt", sagt Sigrid Sajuntz mit verständnisvollem Schmunzeln. Bis Weihnachten musste sie das Wohnzimmer mit den Fabelwesen teilen. "Zur Freude unseres Enkels, der begeistert von ihnen ist."

Ganz der Opa: Schon im Alter von fünf Jahren hatte der die Leidenschaft für das Theater entdeckt. Sein Vater hatte nach dem Krieg in einer Notunterkunft Hohensteiner Kasperpuppen für die Kinder zum Leben erweckt. Holger Sajuntz war infiziert von der Welt, die sich auftat, und führte mit sieben Jahren erste Stücke im selbst gebastelten Papiertheater auf.

Als er und seine Frau auf Franz Winzentsen trafen, der die meisten Puppen hergestellt hatte, entflammte die gemeinsame Leidenschaft für das Theaterspiel neu. Bis die Puppen nach der Schließung des Theaters in Koffern verschwanden und die Freunde wieder allein ihren Berufen nachgingen. Gern würden sie Glau & Co. nach der Ausstellung an ein Museum übergeben. Auch B&B sind dabei. Mit den Models haben die Freunde spontan in den 60er-Jahren Straßentheater in der Bretagne improvisiert, bevor die eher geschlechtslosen Wesen der Rhabarber-Truppe die Bühne eroberten.