Bescherung: Heute ist der arbeitsreichste Tag für den echten Weihnachtsmann aus Wentorf

Das goldene Buch ist mit Wunschzetteln bestückt. Rauschebart, Mantel und Stiefel liegen für den wichtigsten Arbeitstag des Jahres bereit. Von 15 bis 18.30 Uhr dauert die Schicht am heutigen Heiligabend. Wenn der Rehrücken auf dem Tisch steht, muss Wentorfs Weihnachtsmann allerdings pünktlich bei Frau und Tochter sein. Das ist jedes Jahr so. Seit 33 Jahren. Mehr als 1000 Kinder hat der passionierte Rauschebart zum Strahlen gebracht. "Es kann vorkommen, dass ich bei Edeka an der Kasse warte und vor mir jemand steht, den ich beschenkt habe, der mich aber nicht erkennt", sagt er verschmitzt. Denn der 64-Jährige übt seine Passion inkognito aus. Nur die Eltern wissen die Adresse: "Irgendwo müssen die Wunschzettel ja ankommen." Einmal, vor 25 Jahren, habe er sich demaskiert. Der Vater hatte ihn überredet, nach der Bescherung den Bart abzunehmen, um mit ihm anzustoßen. "Das Fest war dahin. Für mich und das weinende Mädchen."

Für seine Tochter schlüpfte der pensionierte Feuerwehrmann das erste Mal ins Kostüm. Sein Nachbar und er haben gegenseitig für die Kinder den Santa Claus gespielt. Bis das Alter erreicht war, in dem die Kinder langsam ins Grübeln kommen. "Etwa ab sieben Jahren", weiß er aus Erfahrung. Da kommt schon mal die Testfrage "Wo hast Du denn Deinen Schlitten?", "Na guck doch raus. Siehst Du Schnee?", kontert er dann schlagfertig. Bisher hat er jedes Kind überzeugt, wenn er in Persona vor den Kleinen steht - immer auf Augenhöhe. Denn Angst will er ihnen nicht machen. "Eine Rute lehne ich ab", hat er vielen Eltern klar gemacht, die den Einsatz für Erziehungslektionen nutzen wollten. Für Ratschläge ist der gewissenhafte Weihnachtsmann dafür gut vorbereitet. Vier bis fünf Familien besucht er zwischen Kaffee und Abendbrot. "Mehr nicht, denn ich möchte keine Hetze haben." Wenn ein Kind verängstigt ist, bleibt er nur ein paar Minuten. Manchmal aber auch 30, um Liedern und Gedichten zu lauschen. Die meisten begleitet er über Jahre. Wenn er von Haus zu Haus geht, verliert er nie den Überblick, wer ihm ein Bild gemalt hat oder in der Schule gerade nicht so gut ist. Dafür schreiben ihm die Eltern, was sich das Jahr zugetragen hat. Seine Telefonnummer wird inzwischen rumgereicht. Er ist ausgebucht, ein Weihnachtsmann mit Warteliste.

"Auf Billigkopien, die in den Einkaufstraßen in der Vorweihnachtszeit Hochkonjunktur haben, ist er nicht gut zu sprechen. "Ein Weihnachtsmann mit Jeans oder Handy, das geht gar nicht."

Um bei seinen Touren Verwechslungen zu vermeiden, läuft er sie vorher im Hellen ab. Einmal hat er den Friedrichsruher Weg mit dem Friedrichsruher Ring verwechselt. "Ich saß bei einem älteren Paar im Wohnzimmer, nach fünf Minuten fragte ich, wo die Enkel sind. Wir haben keine, freuen uns aber über ihren Besuch ..."

So musste der Jutesack wieder geschultert werden. Darin finden immer häufiger Handys und Lerncomputer Einzug. "Die Kinder werden heute mit Geschenken überschüttet. Im Vorflur stehen manchmal 25 bis 30 Geschenke. Die Kinder können sie nur noch hektisch aufreißen." An den strahlenden Kinderaugen hat sich dafür auch nach 33 Jahren nichts geändert. Auf die freut sich der Wentorfer. Zweimal klingeln und die Eltern wissen Bescheid. Er steht vor der Tür.

Bevor er mit Weihnachtsfrau und Tochter heute Abend unterm festlich geschmückten Baum feiert, geht es kurz unter die Dusche. "Zwischen kalter Straße und warmer Stube komme ich ins Schwitzen, das ist anstrengend." Aber das nimmt er für die perfekte Illusion gern in Kauf.