Runder Tisch: Asyl Deutschunterricht ist ein Projekt engagierter Wentorfer

In der Mitte des Klassenraumes steht ein großer Karton. Liane Thürer-Smid nimmt einen Kreidestift und schreibt gut leserlich "Im", "auf", "unter", "neben" auf die Tafel. 15 Schüler verfolgen konzentriert, was als nächstes passiert. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe übt in der ehemaligen Hauptschule die Präpositionen. Darunter junge Männer aus Eritrea, ein älterer kurdischer Mann im dunklen Anzug, eine Ägypterin mit Kopftuch, ein junges Paar aus dem Irak. Ihre Lehrerin gestaltet die ersten Übungen so anschaulich wie möglich. Dafür zieht ein Stofftier hervor, stellt es auf den Karton und fragt: "Wo sitzt der Hase?

Auch wenn die Aufgabe leicht erscheint. Für die Schüler aller Altersgruppen und vieler Nationalitäten ist sie schwer zu beantworten. Denn einige haben noch nie ein Wort Deutsch gesprochen oder eine überhaupt eine Schule besucht. Ein Syrer versucht zaghaft eine Antwort zu geben. Neben ihm sitzt Wulf Sorge und hilft. Er ist nur einer von vielen Wentorfern, die sich wie Thürer-Smid für die Flüchtlingshilfe im Wentorfer "Runden Tisch Asyl" engagieren.

Der erste Schüler hat die Deutschprüfung bestanden

Jeden Dienstagvormittag übt Thürer-Smid sie in der ehemaligen Hauptschule mit ihnen die Uhrzeiten, oder sich in Alltagssituationen mit einfachen Sätzen zurechtzufinden - ehrenamtlich neben ihrem Job als Lehrerin an einer Hamburger Berufsschule. Der Lohn dafür sind die Erfolge der Menschen, die unter schwierigen Bedingungen nach Deutschland gekommen sind und in Wentorf eine Zuflucht gefunden haben. "Ich bekomme viel zurück, weil sie große Lernfortschritte machen und einen hohen inneren Antrieb haben", sagt die Wentorferin, die auch für die Grünen im Bürgerausschuss sitzt.

Ein Lernerfolg freut sie zurzeit besonders. Ihr erster Schüler hat das "Goethe-Zertifikat AI" bestanden. Die Prüfung entspricht der ersten Stufe von insgesamt sechs und ist eine europaweit anerkannte Referenz. "Die Prüfung ist eine Herausforderung für die Schüler und geht über sieben Stunden", so Thürer-Smid. Wir melden sie nur an, wenn wir sicher sind, dass sie sie auch bestehen, denn die Kosten von 95 Euro werden über Spenden des Runden Tisches Asyl finanziert.

Briefe schreiben, kurze Gespräche führen, Zahlen, Mengen, Uhrzeiten und Preise nennen oder Formulare ausfüllen - Karen Muchsjan hat den Test bestanden. Der Armenier (27) ist erst vor einem Jahr nach Deutschland gekommen. Als hochqualifizierter Radiophysiker tut er alles, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Sein Traum ist es, irgendeine Arbeit zu bekommen. Stolz zeigt er ein Foto von seinem drei Monate alten Sohn. Fünf Monate hat er in einer Unterkunft gelebt und schließlich seinen ersten Wunsch erfüllen können, mit der Familie in eine eigene Wohnung zu ziehen.

"Die gemeinsamen Deutschstunden sollen eben auch ein Ort sein, um nach vorne zu blicken", sagt Thürer-Smid. "Wir bieten Hilfen, wie es weitergehen kann."

Ein Beispiel, das Schule macht. In der Stunde hospitierten auch Paula Klaus, Christopher Ridat und Luisa Rendtel. Die drei Gymnasiasten gehören zu einer Arbeitsgruppe, die sich mit Aktionen vom Plätzchenbacken bis zu Konversation und Kennenlernspaziergängen um die Asylbewerber kümmern.