Finanzausschuss: CDU und FDP wollen ein Zeichen setzen - Kämmerin Isabella Randau: “Das interessiert in Kiel niemanden“

. Bürgermeister Björn Warmer zog die Augenbrauen hoch, Kämmerin Isabella Randau atmete hörbar ein und aus und Günther Herder-Alpen (Grüne), Vorsitzender des Finanzausschusses, schaute sichtlich unglücklich. Im Publikum war es währenddessen mucksmäuschenstill. Kurz zuvor hatte der Ausschuss eine Entscheidung getroffen, die es in sich hat. Für die Vorlage der Verwaltung mit Vorschlägen zur Haushaltskonsolidierung (Defizit mehr als eine Million Euro) hatte sich keine Mehrheit gefunden.

"Eine solche Situation hat es in Reinbek zuvor noch nie gegeben", sagte Kämmerin Randau gestern, nachdem das Votum der Politiker ein paar Stunden gesackt war. "De facto haben wir jetzt keinen Haushalt", betont sie. Folgen die Stadtvertreter am nächsten Donnerstag der Politik des Finanzausschusses, bleibt das auch so.

In einem Punkt sind sich alle Politiker einig: Noch nie waren Haushaltsberatungen so schwierig wie in diesem Jahr. Und noch nie hatte Reinbek ein so großes Defizit, das die Stadt nicht selbst verschuldet hat. Bis Mai sah es noch so aus, dass der Haushalt ausgeglichen sein könnte. Die November-Steuerschätzung, die Erhöhung der Kreisumlage und die Entscheidung des Landes für das Finanzausgleichsgesetz haben für das millionenschwere Defizit gesorgt.

Unter anderem mit dem Vorschlag, die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer auf 390 Punkte (bislang 370) sowie die Hundesteuer von 75 auf 120 Euro pro Ersthund zu erhöhen, wollte die Verwaltung gegensteuern - und scheiterte am Widerstand der Politik.

Während SPD und Grüne der Steuererhöhung zustimmten, verweigerten FDP und CDU ihr positives Votum. Forum 21 enthielt sich, steht aber für weitere Beratungen und Vorschläge bereit. "Eine Steuererhöhung ist ein falsches Signal an die Unternehmen. Sie verlieren das Vertrauen in den Standort, wandern ab. Zudem wollen wir wegen des FAG ein Zeichen Richtung Kiel setzen und stimmen dem Haushalt in der Gesamtheit nicht zu", erklärte CDU-Fraktionschef Hans-Helmut Enk. Selbst eine fünfminütige Aussprache seiner Partei auf dem Balkon änderte an dieser Meinung nichts. "Ich bedauere, dass der politische Streit auf Landesebene nun nach Reinbek getragen wird", so Günther Herder-Alpen.

Die FPD fühlt sich aufgrund des FAG vom Land gegängelt, findet es unzumutbar, dass Gesetze zulasten der Kommunen mitten in den Haushaltsberatungen beschlossen werden. "Wir brauchen Zeit zum Nachdenken. Die hatten wir jetzt nicht. Selbst wenn wir einen defizitären Haushalt nach Kiel schicken, ändert sich hier in Reinbek nichts. Es wird kein Kita-Platz wegfallen, keine Schule geschlossen", ist FDP-Chef Uwe Rasch sicher. Lübeck (Defizit 55 Millionen Euro) agiere seit Jahren nicht anders.

Kämmerin Isabella Randau ist sicher: Diese Theorie geht nicht auf. "In Kiel interessiert es niemanden, ob Sie sich in Reinbek querstellen. Wenn Sie dem Haushalt nicht zustimmen, schaden Sie der Stadt und deren Bürgern, weil wir nicht mehr handlungsfähig sind."

Björn Warmer: "Wir müssen handlungsfähig bleiben"

Auch Bürgermeister Björn Warmer hatte im Vorfeld der Entscheidung sehr deutliche Worte gefunden. "Das Schauspiel, das sich Land und Kreis gegenüber den Kommunen geleistet haben, ist alles andere als lustig. Ich bemängele, wie man mit Kommunen umgeht, uns trifft es besonders hart", sagte er. Ernst fügt er hinzu: "Was wir vorgelegt haben, ist kein Haushalt der Schönheit, er ist zweckmäßig. Aber es ist wichtig, dass er ausgeglichen ist und verabschiedet wird, damit wir handlungsfähig bleiben."

Dass CDU und FDP sich dem verweigerten, kam bei der SPD nicht gut. Nachdem SPD-Chef Volker Müller schon festgestellt hatte, dass man um die Verwaltungsvorlage "nicht rumkomme", ergänzte sein Genosse Tomas Unglaube in Richtung CDU: "Sie können sich jetzt drei Monate in der Ansicht sonnen, Richtung Kiel ein Signal gesetzt zu haben. Gewonnen ist damit jedoch gar nichts."

Spätestens im Februar müssen Lösungen auf den Tisch, wie man den Haushalt sanieren kann. Schon jetzt mahnt Kämmerin Randau, dass man ein mehr als eine Million Euro hohes Defizit nicht mit kleineren Streichungen - Spielgeräte, Lehrerstühle oder Kopierkosten - ausgleicht. "Dann müssen Sie an die großen Sachen ran", sagt sie. Gemeint sind unter anderem: Das Freizeitbad, die Stadtbibliothek oder die Volkshochschule.

Der Streit um die Hundesteuer ging bei diesen Größen am Ende fast unter. Bei der Erhöhung von 75 auf 90 Euro (geplant waren 120) stimmte selbst die CDU zu. Dass sie jetzt den Haushalt retten sollen, erstaunte die zahlreichen anwesenden Tierfreunde dann doch.