NDR zeigt 130 Werke, die mit Rundfunkgebühren gekauft wurden

Als Edouard Vuillard vor 100 Jahren aus Paris nach Deutschland kam, war der Maler sicher, dass es mit seiner Kunst nun ein Ende hätte. Bei den Lichtverhältnissen könnte er nicht malen, war sich der Franzose sicher. Kaum in Norddeutschland und Hamburg angekommen, änderte er jedoch seine Meinung. "Er stellte fest, dass das Licht dem in Paris in nichts nachsteht", erzählte Thomas Sello, ehemaliger Museumspädagoge der Hamburger Kunsthalle, gestern bei der Eröffnung der Ausstellung "Weite und Licht - Norddeutsche Landschaften" im Schloss.

100 hochkarätige Künstler beweisen mit 130 Bildern, wie vortrefflich sich der hohe Norden zum Malen eignet. Die Werke stammen aus dem Archiv des Norddeutschen Rundfunks (NDR), der bereits in den 1950er-Jahren begann, Kunst zu sammeln. "Damals hatte der NDR mehr Geld, als er für das Programm ausgeben konnte. Er war gesetzlich verpflichtet, die übrigen Einnahmen für Kunst auszugeben", erklärte NDR-Intendant Lutz Marmor. So entstand nach und nach eine Sammlung, die derzeit in öffentlichen Ausstellungen im gesamten Verbreitungsgebiet des NDR für Aufsehen sorgt. "Es ist Kunst, die von ihren Gebühren bezahlt wurde. Deshalb ist es ihre Kunst", betonte Marmor.

Das Spektrum der Künstler reicht von den Worpswedern Paula Modersohn-Becker und Fritz Overbeck über Erich Heckel und Otto Pankok bis zu Horst Janssen, Klaus Fußmann, Günther Grass und Armin Müller Stahl. Das Bild des bekannten und charismatischen Schauspielers wurde dem NDR übrigens von einem Galeristen geschenkt. Denn die Zeiten, als der NDR selbst Kunst ankaufte, sind längst vorbei. "Mittlerweile fließen alle Gebühren ins Programm", so Intendant Lutz Marmor.

Hätte Professor Dr. Rudolf Großkopf, der die Sammlung als Kunstbeauftragter ehrenamtlich betreut, einen Wunsch frei, würde er die NDR-Sammlung gern um Werke von Malern der Insel Usedom bereichern. "Sie arbeiteten originell, haben sich damals vom Regime abgegrenzt und in der Abgeschiedenheit überdauert", weiß er. Für das bedeutendste der NDR-Ausstellung hält er das Bild von Erich Heckel "Blick über die Förde" von 1935.

Björn Warmer, Reinbeks neuer Bürgermeister, fühlte sich spontan von dem Bild "Grat Dünam" (große Düne) von Kai Quedens angesprochen. Der Maler schuf es 2007 auf Amrum, einer Insel, auf der Warmer mit seiner Familie bereits mehr als 20-mal Ferien gemacht hat. Auch seine Frau Katja konnte sich für die warmen, strahlenden Farben begeistern. Kunst hängt derzeit allerdings nicht im Haushalt des Bürgermeisters. "Bei uns muss alles kindersicher sein", sagt seine Frau. Bei zwei Jungs (10 und 12 Jahre alt) und einer Tochter (7) fliegt der ein oder andere Ball durchs Haus.

Die Ausstellung ist noch bis zum 19. Oktober im Reinbeker Schloss zu sehen.