Reinbek (fra). Mit Sicherheit war gestern kein Kindergartenmorgen wie jeder andere. Gleich um neun Uhr früh hatte sich am Bauwagen des Waldkindergartens am Vorwerksbusch eine Gruppe Japaner eingefunden.

Deshalb wollte Mika (4) eigentlich wieder umdrehen und nach Hause gehen. Doch es kam alles anders. Er blieb. Und als er nach dem langen Waldspaziergang mit seiner Gruppe und den japanischen Gästen zum Bauwagen zurückkehrte, fremdelte er nicht mehr, sondern hatte eine neue Freundin gefunden - eine der japanischen Erzieherinnen.

Zusammen mit neun Kollegen war die junge Frau nach Hamburg gereist. Ihr Ziel: ein Besuch im Waldkindergarten im Vorwerksbusch. "Einer von ihnen hatte uns im Internet entdeckt und angefragt, ob wir bereit wären, die Gruppe zu empfangen", erzählt Waldkindergarten-Leiterin Ulla Fürst-Hagemeister. Zwar gibt es in Japan längst flächendeckend Waldkindergärten, wie die Leiterin weiß. Doch die Erziehungsmethoden unterscheiden sich grundlegend. "Die Japaner waren sehr überrascht, dass bei uns selbst schon die Kleinsten vieles selber entscheiden dürfen", erzählte Fürst-Hagemeister nach dem gemeinsam im Wald verbrachten Vormittag. "Das fanden sie allerdings gut. Am meisten wunderten sie sich darüber, dass die Kinder frei mit Werkzeug wie Hammer, Säge und scharfen Schnitzmessern hantieren dürfen. Natürlich gibt es auch bei uns feste Regeln. Doch statt darauf gedrillt zu sein, wissen die Kinder genau, warum."

Dass der Kindergartenalltag in Japan sehr viel reglementierter ist, weiß sie schon aus eigener Anschauung von einer Reise nach Hongkong. Doch an diesem Vormittag im Vorwerksbusch war wenig von solchen Gegensätzen zu spüren. Im Gegenteil - da wurde gemeinsam gesungen, gespielt und gelacht. Und für die Japaner, die für die Kinder auch Frösche aus Origami bastelten, stand am Ende fest: "Der Kindergartentag in Deutschland ist viel unbürokratischer. Das nehmen wir als Anregung mit", sagte Dolmetscherin Naomi Fried.